Keine Angst vor höheren Preisen
Preiserhöhungen in der Gastronomie sind für viele ein rotes Tuch. Doch angemessene Preise sind notwendig, damit es auch morgen noch Wirtshäuser gibt. Ein Wirt erklärt.
Die persönliche Situation eines Wirts hängt derzeit stark von der Lage und vom Konzept des Lokals ab. Die Schere zwischen starken und schwachen Betrieben geht leider immer weiter auf. Etablierte Betriebe in Toplagen können derzeit nicht klagen, unerfahrene Gastronomen in Randgebieten haben mit großen Problemen zu kämpfen. Besonders die Touristen treiben das Geschäft an und wer die nicht hat, ist arm dran.
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Die Corona-Zeit stellte eine enorme Herausforderung dar, dann ging es mit stark gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen weiter. Zum Beispiel die Stromrechnung: Sie hat sich in einigen Fällen verdreifacht, das kann in kleineren Betrieben den Unterschied zwischen einer brauchbaren Existenz und dem Untergang ausmachen.
Und dann kam die allgemeine Inflation und die notwendigen Lohnerhöhungen, das alles braute sich sozusagen zum perfekten Sturm für die Gastronomie zusammen. Das Kalkulieren ist seither äußerst schwierig geworden. In den unteren Einkommensschichten bleibt einfach weniger Geld für die Freizeit übrig. Viele Menschen haben ein „Wirtsbudget“, das jetzt von wichtigeren Ausgaben eingeschränkt ist. Also kommt der Gast nur noch zwei Mal statt vier Mal im Monat.
Preisanpassungen sind notwendig
Deshalb trauen sich manche Betriebe nicht, die Preiserhöhungen im notwendigen Ausmaß umzusetzen, weil sich der Gast schnell überfordert fühlen kann. Trotzdem sollte man sich Preisanpassungen trauen. Denn langfristig kann ein Gastronomiebetrieb nicht durch Selbstausbeutung, sondern nur durch Qualität überleben.
Wenn die wirtschaftliche Lage derart eng ist, kommt es besonders auf die Feinabstimmung des Konzepts an. Welche Gäste kann ich an meinem Standort erwarten, passt die Ausstattung, Speisekarte und letztlich auch das Preisniveau zu diesen Leuten? Natürlich muss man als Gastronom auf aktuelle Trends eingehen. Wenn man in der Innenstadt ein großes Angebot an veganen Speisen auf der Karte hat, kommen im Normalfall mit der Zeit auch mehr Gäste.
Vielleicht tut sich durch die Inflation sogar eine kleine Chance auf.
Aber das ist kein Universalrezept, als Wiener Beisl würde ich meine Kunden mit einer streng fleischlosen Karte wohl eher abschrecken, ähnlich wird das in einkommensschwächeren Gegenden sein. Aber vielleicht tut sich durch die Inflation sogar eine kleine Chance auf. Wenn sich der ganz große Urlaub finanziell nicht ausgeht, bleibt mehr Geld für verlängerte Wochenenden oder einen Tag zwischendurch mit Freizeitaktivitäten und Restaurantbesuch.
Überregulierte Gastronomie
Das Personalthema war schon in den letzten Jahren schwierig, nun ist es fast zur unlösbaren Aufgabe geworden. Es gibt Lokale, die mussten alleine wegen des Personalmangels zusperren, am schwierigsten ist die Situation im Küchenbereich. Im Service wollen viele Mitarbeiter nur noch 30 Stunden oder weniger arbeiten. Die Corona-Erfahrung, mit weniger Geld durchzukommen, hat hier nicht unbedingt geholfen. Deshalb sind derzeit Betriebe mit einer loyalen Stammmannschaft im Vorteil.
Die Anzahl an Vorschriften und Vorgaben stieg in den letzten Jahren exponentiell und nicht alles ist für Gastronomen wirklich nachvollziehbar. Das beste Beispiel ist das Gerangel um die Raucherzonen, das viel Geld gekostet und am Ende nichts gebracht hat. Wenigstens konnten wir die Forderung abwehren, dass das Schnitzel wegen der angeblichen Krebsgefährdung nur einen gewissen Bräunungsgrad haben darf.
Es wäre erfreulich, wenn mehr belehrt und weniger gestraft werden würde.
Im Vorjahr liefen alle Dauerbewilligungen für Schanigärten wegen einer EU-Verordnung aus. Eine neue Genehmigung dauert derzeit bis zu fünf Monate, es wird sich also eher nicht mehr in derselben Saison ausgehen. Außerdem wurde in den meisten Fällen die nutzbare Fläche kleiner.
Die Allergene-Verordnung ist wirklich tückisch und im täglichen Gebrauch eine Herausforderung, sie fehlerfrei umzusetzen. Hier wäre es erfreulich, wenn mehr belehrt und weniger gestraft werden würde. Auch die Mitarbeiteranmeldung und die Besteuerung könnten vereinfacht werden. Je praktikabler ein Gesetz ist, umso leichter lässt es sich umsetzen.
Das unnachahmliche Wirtshaus
Aber ich will nicht zu negativ wirken. Die klassische Wirtshauskultur hat gegen die Systemgastronomie sehr gute Chancen, weil sie eine ganz andere Atmosphäre bietet. Fastfood-Lokale haben eine standardisierte Umgebung, die kaum über pure Nahrungsaufnahme hinausgeht – und zwar so schnell wie möglich. Das Gasthaus bietet hingegen Abwechslung und Gemütlichkeit, lädt zur Kommunikation ein.
Weniger rosig sieht es allerdings auf dem Land aus. Immer mehr Menschen pendeln zur Arbeit aus, die Fahrzeit geht von der Freizeit ab und irgendwann will schließlich jeder zu Hause sein. Dazu kommen die Mostheurigen und dass heutzutage wirklich jeder Verein sein Fest macht.
Hochzeiten sind heute viel größer angelegt und finden nicht mehr beim Dorfwirt, sondern an einem repräsentativen Ort statt. Eine Lösung gegen das Gasthaussterben auf dem Land könnte beispielsweise sein, dass die Gemeinden die Betriebe kaufen, renovieren und dann kostenfrei vermieten.
Gut geführte traditionelle Betriebe werden immer ein Teil der gastronomischen Vielfalt sein. Als Überlebenskonzept sehe ich: Die Tradition und Gemütlichkeit erhalten, sich aber für neue Ideen und Zeitströmungen aufgeschlossen zeigen.
Neueinsteiger sollten allerdings nie vergessen, wie hart der Wettbewerb in der Gastronomie ist. Oft werden die Anforderungen an den Berufsalltag unterschätzt. In den letzten fünf Jahren ist in Wien die Anzahl der Betriebe mit 8.000 ungefähr gleich geblieben, aber 5.000 davon sind Neugründungen. Auf der positiven Seite steht dafür, dass man mit relativ geringem Aufwand neue Ideen ausprobieren kann.
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