7 wichtige Mythen der Glückssuche

Es gibt viele vermeintliche Patentrezepte für ein erfülltes Leben, doch nicht alle halten, was sie versprechen. Die gängigsten Mythen der Glückssuche und wie wir wirklich zufriedener leben.

Illustration zu Mythen der Glückssuche: eine comichafte Zeichnung einer Zitronenhälfte, die gerade auf einer Presse ausgedrückt wurde, Hand ist keine zu sehen. Aber ein Smiley-Gesicht zieht die Schale.
Ein englisches Sprichwort besagt: Wenn das Leben dir nur Zitronen gibt, mach Limonade draus. © Benedetto Cristofani

„Das Glück ist ein Vogerl“, sagt man in Wien gerne – als wäre es ein flatterhaftes Wesen, das zufällig kommt und geht. Doch das stimmt nicht. Glück ist kein scheues Tierchen, das uns zufällig begegnet, es ist vielmehr etwas, was wir aktiv gestalten können. Sie haben sicher schon viele Ratschläge gehört: „Denk positiv“, „Vermeide negative Gefühle“ oder „Folge einfach deiner Leidenschaft“. Aber die Forschung zeigt, dass viele dieser gängigen Vorstellungen uns auf dem Weg zum Glück eher bremsen. Hier sind sieben gängige Mythen der Glückssuche.

Mythos 1: Es gibt ein Patentrezept für Glück

Es gibt kein universelles Rezept für Glück. Was für Sie funktioniert, kann für andere falsch sein und umgekehrt. Zwar gibt es einige Basics, die generell zur Zufriedenheit beitragen – wie etwa gelingende Beziehungen –, aber Studien zeigen, dass Glück letztlich eine sehr individuelle Angelegenheit ist. Jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse und sehr spezifische Quellen, die ihm Zufriedenheit bringen.

Darum geht’s wirklich:

Glück bedeutet, Ihr authentisches Selbst zu finden anstatt stur einer Anleitung zu folgen. Der Schlüssel liegt darin, Ihre eigenen Stärken, Werte und persönlichen „Glücklichmacher“ zu entdecken. Das erfordert Selbstreflexion und Selbsterkenntnis. Ständige Vergleiche mit anderen oder das Streben nach der Einhaltung gesellschaftlicher Normen entfernt Sie eher von Ihrem persönlichen Glück, als Sie ihm näher zu bringen.

Was Sie tun können:

Denken Sie an drei Momente in letzter Zeit, die Sie wirklich glücklich gemacht haben. Was genau hat diese Augenblicke so erfüllend gemacht? Überlegen Sie, wie Sie mehr solcher Erfahrungen bewusst in Ihren Alltag einbauen können, anstatt sich an allgemeinen Glücksstrategien zu orientieren.

Mythos 2: Positives Denken macht glücklich

Der verbreitete Druck, stets positive Gefühle zu empfinden, kann schädlich und unrealistisch sein. Tatsächlich ist es ungesund, sich dem Zwang zu unterwerfen, ständig positiv zu denken. Negative Gefühle wie Traurigkeit, Wut oder Angst sind natürliche Bestandteile unseres Lebens und geben uns wichtige Hinweise über unerfüllte Bedürfnisse.

Darum geht’s wirklich:

Glück bedeutet nicht, negative Emotionen zu verbannen, sondern sie als Teil unseres menschlichen Erlebens zu akzeptieren. Toxische Positivität – das Streben nach ständiger Fröhlichkeit – kann zu Stress und einem Gefühl des Versagens führen. Echte Glückskompetenz erfordert, alle Gefühle anzunehmen und konstruktiv mit ihnen umzugehen. Ein erfülltes Leben dreht sich nicht darum, immer „good vibes only“ zu haben, sondern darum, alle Facetten unserer Emotionen zuzulassen.

Was Sie tun können:

Reflektieren Sie über eine herausfordernde Situation, die Sie kürzlich erlebt haben. Erlauben Sie sich, diese negativen Gefühle zu spüren. Fragen Sie sich Welches meiner Bedürfnisse wurde verletzt? Dies gibt Ihnen wertvolle Informationen über sich selbst und hilft, Ihre Emotionen besser zu regulieren.

Mythos 3: Wohlfühlglück allein reicht aus

Wohlfühlglück, also kurzfristige Freuden und Genussmomente, ist zwar wichtig, reicht aber nicht aus, um langfristige Zufriedenheit zu erreichen. Wissenschaftler haben festgestellt, dass Menschen, die sich ein Leben voll beständiger Glückseligkeit vorstellen, ihr eigenes Leben als leer empfinden. Echtes Glück entsteht auch durch Werteglück, also ein Leben in Übereinstimmung mit Ihren persönlichen Werten und dem Sinn, den Sie darin finden.

Darum geht’s wirklich:

Glück ist kein Entweder-oder, sondern eine Mischung aus Wohlfühlglück und Werteglück. Wohlfühlglück bringt Genuss und positive Emotionen, während Werteglück Sinn und Erfüllung stiftet. Das Streben nach einem erfüllten Leben erfordert Engagement für Dinge, die uns wichtig sind, auch wenn das gelegentlich Sorgen und Stress mit sich bringt. Der Schlüssel liegt darin, eine Balance zu finden.

Was Sie tun können:

Fragen Sie sich: Welche Werte sind mir wichtig? Identifizieren Sie Situationen, in denen Sie Ihre Stärken und Werte einsetzen können. Planen Sie Aktivitäten, die sowohl Wohlfühlglück (z. B. einen schönen Abend mit Freunden) als auch Werteglück (z. B. Freiwilligenarbeit oder ein persönliches Projekt) fördern. Denken Sie daran, dass Glück eine Mischung aus Genuss und Sinn ist.

Mythos 4: Wer sich viel hinterfragt, wird stärker

Übermäßige Selbstkritik schädigt das Selbstwertgefühl und führt zu chronischer Unzufriedenheit. Statt den eigenen Fortschritt zu ermöglichen, kann sie blockierend wirken. Studien zeigen, dass negative Selbstgespräche oft in der Kindheit wurzeln und durch hohe gesellschaftliche Erwartungen verstärkt werden. Die ständige Selbstbewertung fördert Ängste und verhindert persönliches Wachstum.

Darum geht’s wirklich:

Konstruktive Selbstreflexion ist wichtig, doch es ist entscheidend, auch ein Selbstmitgefühl zu entwickeln. Anstatt sich selbst permanent zu kritisieren, sollten wir uns wie eine gute Freundin bzw. einen guten Freund behandeln: freundlich und verständnisvoll. Selbstmitgefühl ist der Schlüssel zu mehr Resilienz und innerem Frieden.

Was Sie tun können:

Beginnen Sie mit Achtsamkeit: Erkennen Sie Ihre Gefühle ohne Urteil. Entwickeln Sie das Bewusstsein, dass Fehler menschlich sind, und üben Sie Selbstfreundlichkeit. Fragen Sie sich, was Sie einer guten Freundin oder einem guten Freund in Ihrer Situation sagen würden. Ersetzen Sie selbstkritische Gedanken durch ermutigende, liebevolle Aussagen. So stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl und fördern persönliches Wachstum.

Mythos 5: Glück ist etwas, das einfach passiert

Glück ist kein passiver Zustand, der uns einfach in den Schoß fällt. Tatsächlich ist wahre Zufriedenheit das Ergebnis aktiver Bemühungen. Menschen, die ihre Stärken einsetzen und sich mit Dingen beschäftigen, die ihnen Freude bereiten, erleben ein erfüllteres Leben. Schwierige Phasen, in denen wir uns fragen, ob das alles noch einen Sinn hat, sind genau die Momente, in denen wir ins Handeln kommen sollten. Anstatt zu stagnieren brauchen wir immer wieder einen frischen Handlungsimpuls.

Darum geht’s wirklich:

Sinn und Glück sind das Produkt unseres Handelns, nicht bloßer Gedanken. Wir können den Sinn nicht herbeiwünschen, er entsteht durch aktives Tun. Wenn wir uns Ziele setzen, die mit unseren Werten übereinstimmen, und diese mit Begeisterung verfolgen, erleben wir Erfüllung und Lebensfreude.

Was Sie tun können:

Beginnen Sie, kleine Handlungen zu identifizieren, die Ihnen Freude bereiten, und setzen Sie diese um. Fragen Sie sich: „Was begeistert mich? Wofür brenne ich?“ Diese kleinen Schritte können einen Dominoeffekt erzeugen und zu einer positiven Aufwärtsspirale führen. Konzentrieren Sie sich darauf, Ihre Werte in die Tat umzusetzen, um Sinn und Glück aktiv zu gestalten.

Mythos 6: Glück ist nur eine Frage der Einstellung

Glück hängt nicht nur von einer positiven Einstellung ab, sondern auch von der Erfüllung grundlegender Bedürfnisse wie Schlaf, Ernährung und Sicherheit. Studien zeigen, dass wir negative Emotionen intensiver und länger im Gedächtnis behalten als positive, was unser emotionales Wohlbefinden beeinträchtigt.

Darum geht’s wirklich:

Unser Gehirn ist evolutionär darauf programmiert, negative Abweichungen stärker wahrzunehmen. Dies bedeutet, dass wir uns oft auf Fehler und unangenehme Gefühle konzentrieren, während positive Emotionen leicht übersehen werden. Positives Erleben ist entscheidend für unser Glück, doch diese mentalen „Seifenblasen“ sind oft flüchtig und müssen bewusst wahrgenommen werden.

Was Sie tun können:

Der erste Schritt zu mehr positiven Gefühlen ist die Erfüllung Ihrer körperlichen Grundbedürfnisse. Überprüfen Sie, wie gut Sie schlafen, essen und sich bewegen. Nehmen Sie sich Zeit, um diese Aspekte aktiv zu verbessern. Kleine Veränderungen wie regelmäßige Mahlzeiten oder kurze Bewegungspausen können einen großen Unterschied machen. Priorisieren Sie Ihre Bedürfnisse, um mehr positive Erlebnisse in Ihr Leben einzuladen.

Mythos 7: Glück ist ein dauerhafter Zustand

Glück ist kein Dauerzustand, sondern schwankt im Laufe der Zeit. Phasen der Unzufriedenheit gehören zum Leben und sind oft mit Herausforderungen verbunden. Interessanterweise sind Menschen erfolgreicher, wenn sie Hindernisse und Schwierigkeiten auf dem Weg zu ihrem Ziel antizipieren. Sie sind besser darauf vorbereitet, mit Rückschlägen umzugehen, und finden oft auch in schweren Zeiten Sinn und Erfüllung.

Darum geht’s wirklich:

Das Streben nach dauerhaftem Glück kann frustrierend sein. Ein erfülltes Leben erfordert die Einsicht, dass man in schwierigen Zeiten Phasen der Unzufriedenheit durchlebt. Wenn Sie eine Herausforderung wie ein großes berufliches Projekt oder eine sportliche Betätigung betrachten, können Sie besser damit umgehen, auch einmal unglücklich oder gestresst zu sein. Glück entsteht oft durch persönliche Anstrengung; Stress beim Lernen oder das Überwinden des inneren Schweinehundes im Sport können auf lange Sicht zu einem erfüllteren Leben führen.

Was Sie tun können:

Akzeptieren Sie, dass es normal ist, sich nicht immer glücklich zu fühlen. Konzentrieren Sie sich auf die Anstrengungen, die Sie unternehmen, um Ihre Ziele zu erreichen. Vermeiden Sie schnelle Abkürzungen zum Glück wie exzessiven Konsum. Kurzfristige negative Gefühle können den Weg zu langfristigem Glück ebnen. Finden Sie Freude an den kleinen Erfolgen während dieser Zeit.

Mythen der Glückssuche beachten

Am Ende des Tages ist Glück wie ein guter Wiener Kaffee: Er braucht Zeit, die richtige Mischung und manchmal sogar eine Prise Bitterkeit, um das volle Aroma zu entfalten. Lassen Sie sich von den Herausforderungen des Lebens nicht entmutigen. Ihr individuelles Glück erfordert Engagement und Geduld. Oft ist es nur einen Schritt entfernt – bereit, von Ihnen entdeckt zu werden.

Mehr Glück

Der Pragmaticus im Abo

Fakten gibt’s jetzt im Abo.

10 Mal im Jahr unabhängige Expertise, bequem in Ihrem Briefkasten. Die großen Fragen unserer Zeit, beantwortet von führenden Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

Jetzt abonnieren