Zu risikoscheu, um innovativ zu sein?
Europa hätte gern mehr Start-ups, aber es gibt zu wenig Risikokapital für Unternehmen. Der Investor Michael Katz erklärt, wie die Risikoscheu überwunden werden könnte.
Warum gibt es in Europa weniger Risikokapital als in den USA? Der ehemalige Hedgefonds-Manager Michael Katz hat drei Verdächtige, deren jeweilige Interessen den Kapitalmarkt in Europa im Vergleich zu den USA so schlafmützig machen: Die Pensionssysteme, die auf viel Kapital sitzen, das sie aber (oft) aus rechtlichen Gründen nicht als Risikokapital investieren dürfen; die Banken, die an Krediten verdienen, die ihnen möglichst sicher viel Geld bringen sollen und die Börsen, die es sich in der Kleinstaaterei gut eingerichtet haben.
Der Podcast über Risikokapital und Innovationen
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Ein neues Unternehmen kriegt bei Banken in Europa gar nichts, zu unsicher.
Michael Katz, Investor
Über Michael Katz
Michael Katz war Hedgefonds-Manager und Investmentbanker. Er lebt in Wien und New York. Für den Pragmaticus hat er eine Analyse des europäischen Kapitalmarkts geschrieben.
Das Transkript zum Podcast mit Michael Katz
Es handelt sich um ein maschinell erstelltes Transkript. Offensichtliche Übertragungsfehler und orthographische Fehler wurden korrigiert, uneindeutige Passagen in Klammern gesetzt. Fragen von Podcast-Host Karin Pollack sind kursiv. Antworten von Michael Katz in Normalschrift. Wenn Sie mehr hören möchten: Sie finden alle unsere bisherigen Podcasts hier.
Karin Pollack: Willkommen zu einer neuen Folge des Pragmaticus-Podcast. Wir reden über Geopolitik, Wirtschaft und Wissenschaft. Mein Name ist Karin Pollack und ich freue mich, dass sie wieder dabei sind.
Die Welt verändert sich. US Präsident Donald Trump schlägt vollkommen neue Töne an, er implementiert Zölle, droht Staaten mit Sanktionen und derzeit sieht es so aus, als würde er gerade einen Handelskrieg anzetteln. Europa ist nicht länger der engste Verbündete, sondern plötzlich ein Gegner der USA.
Einer der größten Nachteile am alten Kontinent ist der schwächelnde Kapitalmarkt. Und genau darüber will ich mit Michael Katz sprechen. Er ist Investor, hat 30 Jahre lang einen Hedgefonds in den USA gemanagt und lebt heute zwischen Wien und New York. Ich freue mich, dass sie sich die Zeit für diesen Podcast genommen hat. Willkommen.
Michael Katz: Schön, hier zu sein.
Meine erste Frage: Wie würden Sie den Kapitalmarkt in den USA beschreiben?
Chaos. Die Leute, die gedacht haben, dass er, ich meine jetzt Trump, diese chaotischen Vorschläge nicht so meint, sind jetzt alle entsetzt, dass er es tatsächlich so macht, wie er gesagt hat, dass er es macht. Das heißt, Zölle, die einen Rachecharakter zum Teil haben, einzuführen, wobei nicht klar ist, was davon hängen bleibt.
Aber die Unsicherheit, die Unberechenbarkeit, das mögen die Märkte nicht. Und die Märkte sind ja sehr hoch in den USA, also die Aktien sind auf einem Allzeithoch, insbesondere die Technologie-Aktien. Bei solchen Bewertungen ist es extrem empfindlich für Unsicherheit.
Aber wie würden Sie den Kapitalmarkt in den USA beschreiben? Für jemand, der sich da gar nicht so gut auskennt? Was ist das Starke daran?
Na ja, also der Kapitalmarkt in den USA ist ein Weltwunder. Es gibt riesige Kapitalien bei institutionellen Investoren insbesondere. Das sind also Pensionsfonds, das sind Universitätsstiftungen, das sind Forschungsstiftungen usw. und so fort. Das sind die größten Anleger am Markt. Natürlich gibt es auch jede Menge private Investoren, und die investieren in eine Riesenpalette von Aktien-Anleihen als Risikokapital.
Das bedeutet, dass wenn ein Unternehmen, zum Beispiel ein Technologieunternehmen, ein neues Unternehmen, wenn die Kapital brauchen, dann können sie auf einen Aktienmarkt gehen und sich dort Risikokapital holen und sind nicht darauf angewiesen, mit dem Hut in der Hand zu Banken zu gehen, die ihnen wahrscheinlich in diesem Stadium auch gar kein Geld leihen würden, weil sie keine beleihbaren Aktiva haben.
Aber um nachzufragen. So ist der Weg in Europa. Also der große Unterschied ist, hier wird alles über Banken abgewickelt, (aber) dort gibt ja auch Banken. Wie ist da der Unterschied?
In Europa haben wir 27 kleine Kapitalmärkte. Manche sind nicht ganz so klein, also Deutschland oder Frankreich. Aber es ist ein Flickenteppich, von denen jeder Einzelne, auch der größte, relativ viel weniger leistungsfähig ist als der amerikanische. Und das bedeutet für europäische Unternehmen beispielsweise, dass sie sich (nur) bei Banken Kredite holen können.
Ein Start up-Unternehmen, also ein neues Unternehmen, kriegt bei Banken (aber) gar nichts, weil zu unsicher, weil kein Cashflow da ist, und sind in Europa auf staatliche Förderungen angewiesen vor allem, wenn überhaupt. Oder halt auf die wenigen Risikokapitalgeber, die's gibt. Es gibt ein paar Venture Capital Firmen, zum Beispiel in Europa, aber das ist ein minimal im Vergleich zu den USA.
Weil der Kapitalmarkt dann diese Größe braucht.
Er braucht Größe, Masse, aber vor allem auch: er muss integriert sein. Die Kapitalmärkte in Europa sind so fragmentiert, dass wenn Pensionsfonds in ihr Aktien-Portfolio investieren, sind sie oft daran gehindert durch nationale lokale Regeln. Das ist alles sehr balkanisiert, provinzialalisiert. Es gibt ein paar Ausnahmen, also zum Beispiel Schweden.
Dänemark, sind auch kleine Länder.
Sind auch kleine Länder, aber es gibt dort auch Pensionsfonds, vor allen Dingen das Pensionsfonds-Vermögen ist dort sehr beträchtlich. Und was Pensionsfonds angeht oder Pensionen angeht: In den meisten Ländern in Europa, in Österreich zum Beispiel haben wir Umlagesysteme, das heißt, die jeweils arbeitende Bevölkerung zahlt die Pensionen der Pensionisten über den Staat über Steuern.
Das ist zwar vom individuellen Standpunkt vielleicht gar nicht so anders, als wenn man Ansprüche an den Pensionsfonds hat, aber es wird dadurch kein Kapital angesammelt, es werden dadurch nur staatliche Verpflichtungen aufgebaut. Das bedeutet, dass auf der Angebotsseite des Kapitalmarktes keine Kapitalien zur Verfügung stehen für Risikokapital. Das macht einen riesigen Unterschied.
Sie haben jetzt gerade gesagt Fleckerl-Teppich, Kleinklein. Das ist aber natürlich das Ergebnis der europäischen Geschichte, wo es ja dieses Zusammen nie gab. Wenn man sich vorstellt, dass man das verändert.
Ich wüsste jetzt gar nicht, an welchen Schrauben man drehen wollte, weil es geht dann wahrscheinlich darum, dass man unterschiedliche Länder, unterschiedliche Kulturen viel stärker vereinen müsste. Auch am Finanzmarkt wie in Amerika, wo das so eine große gemeinsame Enterprise war, also geschichtlich betrachtet, oder?
Auch dort gibt es natürlich große regionale Unterschiede. Und es war nicht immer selbstverständlich, dass die südlichen Staaten mit dem Norden so gut konnten. Aber wenn man bedenkt, was nach dem Krieg geschafft wurde, nach dem Zweiten Weltkrieg, dass man verfeindete Staaten, die in mehrere Weltkriege verwickelt waren, (...) in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in ein europäisches Projekt einbinden konnte und gemeinsame Agrarpolitik, so hat es eigentlich begonnen, eine gemeinsame Stahl- und Kohlepolitik und dann irgendwann einmal ein gemeinsamer Markt und eine gemeinsame Währung. Das sind alles epochale Entwicklungen.
Was bremst? Es sind Sonderinteressen im Prinzip.
Damit verglichen ist die Integration der Kapitalmärkte theoretisch keine so gewaltige Herausforderung. Aber (...) was bremst? Es sind Sonderinteressen im Prinzip. Jetzt in keiner besonderen Reihenfolge: Banken tendenziell, obwohl sie Lippenbekenntnisse machen, dass der Kapitalmarkt gestärkt und integriert werde. Warum? Weil sie auf der einen Seite Spareinlagen verlieren könnten, die zum Beispiel in Aktien, Investitionen oder Anleihen-Investitionen abwandern.
Also wenn der kleine Sparer nicht das Geld auf Sparbuch legt, sondern sich Aktienfonds kauft, dann fehlt das der Bank auf der einen Seite. Die andere Seite ist, dass wenn Unternehmen sich am Kapitalmarkt finanzieren können, mit Eigenkapital zum Beispiel, also mit Aktien, dann brauchen Sie nicht zur Bank gehen und sich dort Kredite holen. Das sind die Banken.
Die Börsen: Wir haben 27 verschiedene Börsensysteme. Die haben alle ihre eigenen Gebührenordnung, die weit höher sind als die zum Beispiel in den USA (...) eben weil die lokalen Börsen relativ vor Konkurrenz geschützt sind.
Dann kommen noch dazu beispielsweise die lokalen Aufsichtsbehörden. So eine Börsenaufsicht, so eine Kapitalmarktaufsicht in einem kleinen Land, die haben auch gerne ihr Revier, das sie nicht gerne aufgeben wollen.
Aber glauben Sie nicht auch, dass die Mentalität eine andere ist?
Das ist tatsächlich eine Mentalitätsfrage. Aber es ist auch vor allem eine Frage der Finanzen-Erziehung und auch der Bildung.
Heißt aber nicht, dass in Amerika in der Schule ein Fach gibt, das heißt How to Invest?
Nicht in diesem Sinne, aber in der Kultur ist das halt tief verankert. Wenn Sie Ihr Geld auf ein Sparbuch legen, dann bekommen Sie ein paar Prozent Zinsen. Und wenn die Inflation halt höher ist als die Zinsen, die sie bekommen, dann werden sie langsam enteignet.
Es wird halt immer im realen Wert immer weniger. Wenn Sie ihn zum Unterschied davon in einen Aktienfonds investieren, dann sind Sie beteiligt an der Entwicklung von Dutzenden von Firmen. Wenn der Fonds gut gemanagt ist, die intelligent zusammengestellt sind mit der Aussicht, über längere Zeiträume sehr viel mehr zu verdienen und den Wert ihres Geldes nicht nur zu erhalten, sondern auch zu steigern.
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Europa erlebt gerade eine neue Phase, kann man sagen. Präsident Donald Trump hat das transatlantische Bündnis mehr oder weniger aufgehoben oder auf alle Fälle mal in Frage gestellt. Und die Finanzmärkte sind doch global sehr verknüpft.
Also kann man sagen, dass sich europäische Länder jetzt auch gerade deshalb zusammenschließen müssen, weil Amerika nicht mehr dieses uneingeschränkt positive Land ist. Wenn ein Präsident eigentlich der Feind Europas.
Um die Verteidigungsindustrie auszubauen, wird auch Geld vom Kapitalmarkt her nötig sein.
Also, dass Europa sich selbst verteidigen können muss, ist eine Wahrheit, die allerdings schon längst im Raum steht. Es hat bis jetzt auch noch jeder einzelne amerikanische Präsident die Europäer eingeladen, doch mehr für ihre eigene Verteidigung auszugeben und sich nicht nur unter dem amerikanischen Schutzschirm wohlzufühlen.
Dafür sind sehr große Kapitalien nötig, die zum Teil vom Staat kommen. Aber um die Verteidigungsindustrie auszubauen und auch die zu integrieren, wird auch Geld vom Kapitalmarkt her nötig sein. Aber jedenfalls ist das ein Weckruf für Europa, sich nicht auf die Amerikaner allein zu verlassen.
Aber was bräuchte so ein europäischer Finanzmarkt?
Er bräuchte eine gemeinsame Finanzmarktaufsicht anstatt einen Flickenteppich von 27 verschiedenen regulativen Gesetzen. Wenn man von einem Land ins andere investiert, das muss alles vereinheitlicht werden, einerseits.
Andererseits die Integration der Börsen in ein paar große Börsen, die dann erheblich leistungsfähiger sind auf der Angebotsseite. Ich sage jetzt Angebotsseite, wo das Kapital herkommt, wäre es sehr wünschenswert, dass Europa von einem Umlage-Pensionssystem zumindest teilweise auf ein fundiertes umsteigt, das heißt wo tatsächlich Fondsvermögen aufgebaut wird, um Pensionen zu bezahlen. Dieses Fondsvermögen kann dann eben investiert werden.
In Ihrem Text schreiben Sie, dass Schweden oft eine Sonderrolle in Europa einnimmt in Sachen Finanzmarkt.
Man kann sagen, dass Schweden, Dänemark, auch Holland viel entwickeltere Kapitalmärkte haben als die meisten großen Länder.
Im Sinne der Lösungsorientiertheit: Könnten die eine Vorreiterrolle in Europa haben?
Ja, könnten sie. Es ist überhaupt so: Es gibt verschiedene Initiativen, die Kapitalmarktintegration voranzutreiben, es gleichzeitig in einem großen Wurf mit allen 27 Ländern zu versuchen, ist wahrscheinlich hoffnungslos. Dazu sind die Widerstände zu groß, die Komplexitäten zu groß.
Aber es gibt Initiativen, mit einer Art von Koalition der Willigen zu beginnen. Wenn der erfolgreich ist, würde ziemlich schnell ein Sog entstehen, dem sich dann die Kleineren eigentlich nicht entziehen können.
Okay, und was könnte jetzt jeder Einzelne beitragen? Ich möchte gern so eine Vision haben. Könnte da jetzt ein Fonds aufgelegt werden? Der heißt Funding Europe und ich kann einfach als Einzelperson sagen das finde ich total toll, da möchte ich jetzt mitmachen? Oder ich könnte aber auch in andere Geschichten investieren und hätte quasi als Individuum das Gefühl, hey, da bin ich dabei?
Ich bin ziemlich sicher, dass es solche Pakete auch bereits gibt, also von Banken oder von Fondsmanagern.
Umgekehrt muss man sich aber auch dann für diesen Finanzmarkt interessieren. Und wenn man das nicht tut, dann denkt man, na ja, also dann habe ich das Geld auf der Bank und da muss ich mich nicht drum kümmern und kann meinen Beruf machen. Wie viel tatsächlich Beschäftigung mit diesem Thema fällt dann an?
Ich würde sagen, wenn Sie sich nicht besonders für Finanzmärkte interessieren, dann ist für Sie ein Fonds am besten. Und da gibt es natürlich solche, die besser gemanagt sind oder schlechter gemanagt sind und höhere Gebühren verlangen oder niedrigere Gebühren verlangen. Aber grundsätzlich ein gestreuter Fonds ist für die meisten Kleinanleger zum Unterschied von institutionellen Anlegern wahrscheinlich das Richtige.
Wie hoch muss die Bereitschaft sein, Geld verlieren zu wollen, zu können, wenn man risikoreich investiert?
Na ja, ich bin jetzt ein relativ konservativer Investor. Risiko kann man grundsätzlich in zwei große Kategorien einteilen: Die eine ist das Risiko eines Totalverlusts ist, dass die Firma einfach pleite geht, in die man investiert. Und die andere ist das Risiko von vorübergehenden Kursverlusten, wobei die Firma aber intakt ist und weiter besteht, vielleicht sogar wächst. Aber die Kurse sind halt jetzt gerade niedrig.
Das erstere, den Totalverlust, muss man nach Kräften vermeiden. Als Fondsmanager hat das für mich immer nur Research geheißen. Das heißt die Firmen genau anschauen, besuchen, mit den Konkurrenten, reden mit den Lieferanten, mit den Abnehmern usw. Zusätzlich natürlich zum Studium der Bilanzen und der öffentlichen Dokumente. Das kann man vermeiden, dieses Risiko im Großen und Ganzen.
Das andere Risiko der vorübergehenden Schwankungen kann man eingrenzen durch Diversifizierung. Aber natürlich, große Markteinbrüche wird man mitmachen müssen, in der Erwartung, dass sich das wieder erholt.
Ich würde sagen, Geld, das man in ein paar Monaten wieder braucht, sollte man nicht in Aktien oder Aktienfonds anlegen, weil die Schwankungen einem wehtun können. Man sollte in Aktien und Aktienfonds Geld investieren, das man auf mittlere oder längere Sicht nicht unbedingt braucht.
Ich möchte jetzt ein anderes Thema ansprechen, und zwar da geht es um Innovation und um die Tatsache, wie man Innovation fördert. Das haben Sie am Anfang schon erwähnt in Europa über Förderungen, in Amerika über Risikokapital viel stärker.
Aber was, glauben Sie, macht das Fördern von Innovation in Amerika so viel erfolgreicher als in Europa? Nur diese Kapitalmarktstrategie?
Na ja, es ist die Kapitalmarktstrategie und die Unternehmenskultur. Wenn Sie in den USA eine Firma gründen und damit Erfolg haben, dann sind Sie ein Held. Dann werden die Leute, dann werden Sie bewundert, vielleicht auch beneidet, aber viel, viel weniger als hier. Ich meine, in Europa, Österreich ist glaube ich, kein schlechtes Beispiel, ist ja ein Unternehmer grundsätzlich unter Generalverdacht.
In den USA ist es nicht so.
Es ist viel weniger. Also Erfolg wird viel mehr wertgeschätzt.
Aber das ist wieder eine Mentalitätsfrage.
Ist eine Mentalitätsfrage. Das ist natürlich auch etwas, das nicht von heute auf morgen gekommen ist. Amerikaner sind weniger neidisch und umgekehrt.
Da ist es auch nicht so eine wahnsinnig große Katastrophe, wenn jemand pleitegeht.
Nein, man kriegt dort zweite und auch dritte Chancen, wenn man pleite gegangen ist. Es hat halt nicht funktioniert. Na ja, ein paar Jahre später gründet man vielleicht wieder ein neues Unternehmen und findet wieder Investoren, wenn die Idee gut ist.
Jetzt würde ich Sie gern noch fragen: Trauen Sie dieser EU Reformen zu? Vielleicht auch in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen?
Ich bin ein großer Fan der EU, des europäischen Projekts. Erstens als Friedensprojekt, zweitens als wirtschaftlicher Erfolg. (Es) ist für mich eine der größten Leistungen des 20. Jahrhunderts. Ich denke auch, dass Europa zusammenrückt. Da ist Feuer am Dach, und es wird auch darauf reagiert.
Wie ist es jetzt für Sie als jemand, der so zwischen den Welten lebt, also Amerika? Wie ist die Stimmung dort? Hat sich da was verändert?
Ich habe mein amerikanisches Leben, also 35 Jahre lang in New York gelebt. New York ist ein liberaler Staat und auch ganz besonders die Stadt. Die Leute sind entsetzt. Ich kenne auch Leute, die die Republikaner gewählt haben, weil sie sich nicht vorstellen können, unter irgendwelchen Umständen Demokraten zu wählen. Aber die an sich, sagen wir mal vernünftige Konservative sind, keine MAGA-Typen. Die sind auch entsetzt.
Aber gerade aktuell es haben ja auch sehr viele Menschen Trump gewählt, weil er für den Finanzmarkt positiv ist. Schaut momentan nicht so aus. Wobei, wenn ich Ihnen zugehört habe, man muss es immer längerfristig betrachten. Also ist da gerade eine Desillusion, oder nicht?
Ich denke schon. Ich meine, ich habe das nie ganz verstanden, warum man glaubt, dass wenn man einen Wirtschaftskrieg beginnt mit Zöllen, dass das die Wirtschaft fördern kann. Das war für mich immer absurd. Irgendwie haben sich die Leute das schöngeredet.
In der Zwischenzeit kommen, glaube ich, ernste Zweifel auf. Ich kann mich total irren. Und ein Zollkrieg mit Amerikas engsten Verbündeten und das Auseinanderfallen der Verteidigungsallianz, dass das positiv für die amerikanische Wirtschaft ist? Ich sehe es nicht.
Interessanterweise erscheint es positiv. Die europäischen Anstrengungen also jetzt sich schnell in ihre eigene Verteidigung aufzustellen, bedeutet ja auch riesige Ausgaben für Rüstung. Das kann sehr konjunkturbelebend sein in Europa. Die europäischen Aktien sind stark gestiegen seither, sind noch immer vergleichsweise günstig im Vergleich zu amerikanischen. Also es kommt alles ein bisschen anders, als das wohl von Trump auch geplant war.
Man kann sagen, es gibt viel zu tun. Mal sehen, wie sich die Dinge entwickeln werden, ob es einen Handelskrieg geben wird und welche Initiativen Europa ergreift, um sich gegen die USA besser aufzustellen. Danke vielmals, dass Sie da waren.
Danke. Hat mir Spaß gemacht.