Das Superwahljahr 2024 in Zahlen

Heuer sind weltweit rund vier Milliarden Menschen aufgefordert, über politische Kandidaten abzustimmen. Doch nicht überall, wo gewählt wird, floriert die Demokratie.

Ein Kartenstapel mit einem angekreuzten Kreis und der Aufschrift Superwahljahr 2024. Das Bild illustriert einen Beitrag über Wahlen 2024.
Die politischen Karten werden weltweit bei Wahlen 2024 neu gemischt. © Florence Bouchain

Weltweit finden so viele Wahlen 2024 statt, wie noch nie – geht man nach der Zahl der Wahlberechtigten. Die Folgen: neue Machtverteilungen in den Parlamenten, ideologische Kursänderungen oder die Bestätigung von Amtsinhabern. Unsere Illustratorin Florence Bouchain hat das Superwahljahr als Kartenspiel interpretiert: Farbwahl, Aussetzen oder Richtungswechsel – das Volk entscheidet über den weiteren Verlauf.

Richtungswechsel der Wähler

Der kleine pazifische Inselstaat Salomonen erweckt normalerweise wenig internationale Aufmerksamkeit. Allerdings hat das Land geopolitisch bedeutenden diplomatischen Richtungswechsel vollzogen. Unter dem kürzlich wiedergewählten Premierminister Jeremiah Manele erkannte der Staat nördlich von Australien die Volksrepublik anstelle von Taiwan als das offizielle China an. Mit der engeren Anbindung an Peking einher ging ein Sicherheitsabkommen, und westliche Beobachter befürchten, China könnte eine militärische Präsenz im Hoheitsgebiet des Inselstaats aufbauen. Die Wähler haben nun den Kurs ihres Premierministers bestätigt. Staatsoberhaupt Charles III hatte dabei übrigens kein Mitspracherecht.

Illustration von © Florence Bouchain

Mexiko wählte am 2. Juni seine erste Präsidentin: Claudia Sheinbaum, Kandidatin der sozialdemokratischen Regierungspartei, tritt die Nachfolge ihres Mentors Manuel López Obrador an. Im Iran wurde zwar im März ein Parlament gewählt, doch die geistige Führung um Ajatollah Ali Chamenei behält das Sagen im Land. Nach dem Hubschrauberabsturz des Präsidenten Ebrahim Raisi wird Ende Juni auch dieses Amt neu besetzt.

In der Ukraine musste heuer die Präsidentschaftswahl wegen des Krieges ausgesetzt werden. Russlands Präsident Wladimir Putin hingegen ließ sich offiziell im Amt bestätigen, und zwar durch eine Wahl, die alles andere als frei war.

Der weltweit wohl wichtigste Richtungsentscheid steht im November an, wenn die US-Bürger darüber abstimmen, ob sie Joe Biden im Amt bestätigen oder Donald Trump eine zweite Amtszeit gewähren. Und in Österreich könnten laut neuesten Umfragen erstmals sechs Parteien in den Nationalrat einziehen. Das Jahr bleibt politisch hochinteressant.

Illustration von © Florence Bouchain

Wahlen 2024 im Überblick

Fast 970 Millionen Wahlberechtigte in Indien waren über einen Zeitraum von sechs Wochen bis zum 4. Juni dazu aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen – die weltweit größte demokratische Übung. Das Volk bestätigte Premierminister Narendra Modi im Amt, seine hindu-nationalistische Partei BJP verlor jedoch die Mehrheit, die sie seit zehn Jahren hielt und ist auf Bündnispartner angewiesen.

Doch Wahlen allein definieren keine Demokratie. Das V-Dem Institut bewertet in seinem jährlichen Index, wie frei demokratische Institutionen in 180 Ländern agieren oder inwieweit ein politisches System in Richtung Autokratie abdriftet.

Illustration von © Florence Bouchain

Unsere Karte zeigt alle Länder als unterschiedlich große Kreise je nach Bevölkerung. In den eingefärbten Staaten finden oder fanden Wahlen 2024 statt. Die Farbe bezieht sich darauf, wie frei eine Demokratie funktioniert. Laut dem jüngsten Bericht der Forscher genießt ein durchschnittlicher Weltbürger 2023 das gleiche Demokratieniveau wie 1985. Der Trend ist seit Jahren rückläufig. Selbst Österreich ist vor zwei Jahren aus der obersten Kategorie einer „liberalen Demokratie“ auf eine reine „Wahldemokratie“ zurückgestuft worden. Heuer erging es etwa Zypern und Portugal so. Österreich wurden von den Experten Punkte wegen mangelnder Transparenz in Politik und Bürokratie abgezogen.

Mehr zur EU-Wahl: Drei Gründe, wählen zu gehen

Diese Europawahlen werden die Weichen für die kommenden Jahrzehnte stellen, sagt der Politiker und EU-Kenner Franz Fischler. Nicht nur für die Bürger Europas, sondern auch für die EU selbst. Es geht um eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, um die Budgets für Klima und Umwelt, Regulationen für die Wirtschaft und letztlich um die Frage, wieviel Macht die Mitgliedsstaaten denn eigentlich haben sollen.

Mehr Zahlenspielereien

Unser Newsletter