Here we go again

Biden verschärft den Handelskonflikt mit China durch Zollerhöhungen, darunter auf E-Autos, was globale Handelsdynamiken in Frage stellt.

US-Präsident Joe Biden kündigt im Rosengarten des Weißen Hauses am 14. Mai 2024 in Washington, DC Zollerhöhungen auf chinesische Produkte an.
Um amerikanische Unternehmen zu schützen, kündigte US-Präsident Joe Biden Zollerhöhungen auf chinesische Importe an, die seiner Meinung nach von Peking in unfairer Weise subventioniert werden, darunter Elektrofahrzeuge, Solarzellen, Halbleiter und moderne Batterien. © Getty Images

„Make no mistake: as we made clear last week, if China threatens our sovereignty, we will act to protect our country. And we did.“ Mit diesen Worten kommentierte Joe Biden im Februar 2023 in der „State of the Union Address“ den Abschuss eines chinesische Spionageballons über dem Küstengebiet von South Carolina. Neben dem militärischen Aspekt bedroht China aus US-Sicht die amerikanische Souveränität vor allem ökonomisch. Die beiden amerikanischen Großparteien sowie ihre führenden Vertreter unterscheiden sich in ihrer Position gegenüber China kaum.

„Being tough on China“ ist Konsens und eine Grundvoraussetzung, um bei der im November stattfindenden US-Präsidentschaftswahl ernsthafte Erfolgsaussichten zu haben. In einer aktuellen US-Umfrage des Pew Research Centers mit mehr als 3600 Teilnehmern gaben mehr als 40 % der Befragten an, China als Feind zu betrachten, weitere 50 % sahen im Reich der Mitte einen (System-)Rivalen. Nur 6 % der Befragten interpretierten die Beziehung als partnerschaftlich.

Zollerhöhungen auf Elektroautos

Es überrascht nicht, dass die Biden-Administration in der aktuellen Wahlkampfphase die ökonomische Konfrontation mit der Volksrepublik verschärft. Nach der Einführung von Exportbeschränkungen und Exportverboten für hochtechnologische Güter, allen voran Microchips der neuesten Generationen, hat Joe Biden letzte Woche eine Reihe von Zollerhöhungen für US-Importe aus China verhängt.

Mit den Exportbeschränkungen soll der Technologietransfer unterbunden werden, mit dem Ziel, die Technologieführerschaft der USA abzusichern. Die Zollerhöhungen betreffen Stahl- und Aluminiumimporte (auf 25 %), Batterien (25 %), Halbleiter (50 %) und Solarpanele (50 %). Das größte Aufsehen erregte die Erhöhung der Zölle auf chinesische Elektroautos von 25 % auf 100 %.

Die Kaufkraft der Konsumenten und die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen leiden schon jetzt unter den Zöllen.

Das Gesamtvolumen der von den Zollerhöhungen betroffenen Importe hält sich mit 18 Milliarden Dollar in Grenzen. Die USA importierten 2023 Waren im Wert von 427 Milliarden Dollar aus China. Nur für 4,3 % aller US-Importe aus China könnten sich also die Preise erhöhen und die Importe sinken. Von den Zöllen auf Elektroautos sind laut einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft überhaupt nur 12.000 Fahrzeuge betroffen. Für den Gesamtmarkt der USA eine verschwindend geringe Anzahl. Warum also die Aufregung?

Protektionismus im Vormarsch

Die neuen Zölle wirken zusätzlich zu bereits bestehenden protektionistischen Maßnahmen der USA. Donald Trump hatte über mehrere Schritte die Zölle auf chinesische Importe erhöht. Joe Biden hat diese Zölle übernommen.

Eine Studie von US-amerikanischen Ökonomen kam zum Ergebnis, dass durch diese Zölle bereits 2018 monatliche Kosten für die amerikanische Wirtschaft in Höhe von 1,4 Milliarden Dollar entstanden sind. Die Zölle wurden fast vollständig über Preiserhöhungen weitergegeben. Leidtragende waren die US-amerikanischen Konsumenten und US-Unternehmen, die chinesische Vorleistungen importieren und weiterverarbeiten. Die Kaufkraft der Konsumenten und die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen leiden also schon jetzt unter den Zöllen.

The Great Decoupling

Die US-Politik vermittelt den Eindruck, es mit dem Decoupling – der wirtschaftlichen Entkoppelung – zwischen den USA und China in den Hochtechnologiesektoren und den als strategisch relevant identifizierten Branchen sehr ernst zu meinen.

Plastikspielzeug und billige Kleidungsstücke werden die USA auch weiterhin gerne aus China importieren. In allen Branchen, in denen die USA eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen oder in welchen der US-Heimatmarkt besonders groß und damit potenziell lukrativ ist, wird der chinesischen Konkurrenz zunehmend der Marktzugang verwehrt.

Die USA kopieren die Politik Chinas.

Ein Zollsatz von 100 % auf Elektroautos hat aktuell kaum direkte Effekte; vielmehr ist er ein Signal. Chinesische Investitionen in den Aufbau von Verkaufs- und Vertriebsnetzwerken und Reparaturinfrastruktur sollen gar nicht erst getätigt werden. Die USA kopieren die Politik Chinas. Marktzugang gibt es nur, wenn dieser erforderlich und für das Importland ausschließlich vorteilhaft ist. Die Spielregeln setzt man eigenhändig fest. Dies konnte man auch beim Inflation Reduction Act feststellen, der nicht nur chinesische, sondern auch europäische Importe diskriminiert.

Europa unter Druck

Die EU wird durch die neuen Zölle in eine Zwickmühle manövriert – nicht zum ersten Mal. Auf Donald Trumps Zölle auf Stahl- und Aluminium, die auch für europäische Importe eingeführt wurden, reagierte die EU mit eigenen Zöllen auf chinesische Importe. Die Sorge vor einer chinesischen Stahl- und Aluminiumschwemme war groß.

Es käme nicht sehr überraschend, würde die EU nun ebenfalls die Zölle auf chinesische Elektroautoimporte erhöhen.

Aktuell untersucht die Europäische Kommission eine mögliche Wettbewerbsverletzung der chinesischen Elektroautoindustrie. Marktverzerrende Subventionen sollen den chinesischen Anbietern einen unfairen Vorteil gegenüber den europäischen Autoherstellern ermöglicht haben. Mit einem Abschluss der Untersuchung ist noch vor der EU-Wahl zu rechnen. Es käme nicht sehr überraschend, würde die EU nun ebenfalls die Zölle auf chinesische Elektroautoimporte erhöhen. Und das, obwohl wichtige europäische Hersteller Elektroautomodelle für den EU-Markt in China produzieren und von den Zöllen betroffen wären.

Geht es nach Donald Trump, ist das auch erst der Anfang der neuen Zollspirale. Als Reaktion auf die Ankündigung der Biden-Administration hat er die Ausdehnung der höheren Zölle auf weitere Branchen und Güter gefordert. Die Folge wäre noch mehr Druck auf Europa, sich wirtschaftlich stärker von China zu lösen.

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