Der hohe Preis der Würde

Die Annexion der Krym im Februar 2014 war Putins Rache für den Euromajdan, die „Revolution der Würde“. Wie und warum hat Europa vor zehn Jahren versagt?

Ein Hochzeitspaar auf dem Euromajdan in Kyjiw im Februar 2014. Es liegt Schnee und scheint kalt zu sein. Im Hintergrund Barrikaden und Fahnen.
Kyjiw am Valentinstag 2014: Die Aufbruchs- und Festtagsstimmung des Euro­majdan ist kurze Zeit später vorbei: 100 Menschen sterben durch Schüsse, und Russland annektiert die Krym. © Getty Images
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Auf den Punkt gebracht

  • Fokus Europa. Die Verweigerung der Unterschrift Janukowytschs unter das Assoziierungsabkommen mit der EU war der Auslöser.
  • Verkannt. Die Europa- und Demokratieorientierung der Ukraine wurde vom Westen nicht gesehen – auch aufgrund der Rolle der Medien.
  • Folgen. Die Besetzung von Donetsk und Luhansk sowie die Annexion der Krym waren die unmittelbare Reaktion Russlands 2014.
  • Erfolg. Allem nachfolgenden Leid zum Trotz war der Euromajdan ein Erfolg für die Demokratie der Ukraine, die bis heute ungebrochen ist.

Zwischen dem 18. und dem 20. Februar 2014 starben einhundert Menschen auf dem Hauptplatz von Kyjiw für ihren Traum von der Demokratie. Die Schüsse aus den Gewehren der Scharfschützen waren ein erster Höhepunkt der gewaltsamen Reaktion auf die Demonstrationen, die als Euromajdan in die Geschichte Europas eingingen.

Die Ukraine zahlte einen hohen Preis für diese „Revolution der Würde“ (Rewoljuzija hidnosti), wie dieser Protest im Land genannt wird: Vor zehn Jahren annektierte Russland die Krym, besetzte Donezk und Luhansk, und weitere acht Jahre später folgte der Krieg. Warum ließ Europa die Ukraine im Stich?

Die Vorgeschichte des Euromajdan

Die Revolution begann klein: Am 21. November 2013 hatte der damalige ukrainische Präsident Wiktor Janukowytsch bei einem Treffen mit Vertretern der Europäischen Union in Vilnius im letzten Moment seine Unterschrift unter das lang ausgehandelte Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU verweigert.

Was für viele in Westeuropa kaum eine Nachricht wert war, sorgte in der Ukraine für Enttäuschung und Wut – vor allem unter jüngeren Menschen, die mit dem Abkommen Hoffnungen auf einen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Wandel verbunden hatten. Noch am selben Tag stellte der Journalist Mustafa Najjem – auf Russisch – ein Posting auf Facebook, das später als der Auftakt der größten zivilgesellschaftlichen Protestbewegung gelten sollte: „O. K., jetzt ernsthaft. Wer ist heute bereit, auf den Majdan zu gehen? Likes zählen nicht. Nur Kommentare unter diesem Beitrag ‚Ich bin bereit‘. Sobald es mehr als tausend sind, organisieren wir es.“ Die Menschen kamen tatsächlich. Zwar nicht gleich in Massen, aber sie kamen.

Auf dem Majdan Nesaleschnosti, Kyjiws Unabhängigkeitsplatz, fanden sich vor allem junge Menschen, Studierende, teilweise sogar Schülerinnen und Schüler, ein. Europa war von Beginn an ein Bezugspunkt für die Proteste, die später als Euromajdan bezeichnet wurden. Zunächst hatte die Versammlung im Zentrum des winterlichen Kyjiw fast den Charakter eines Volksfestes. Die Menschen musizierten und tanzten. Über die sozialen Medien verbreitete sich der Protest: Auch auf der Krym, in Odesa, Charkiw, Saporischja, Donezk, Dnipro (zu diesem Zeitpunkt noch Dnipropetrowsk), Sumy und Poltawa fanden kleinere Zusammenkünfte statt.

Die Rache des Kreml

Die Regierung reagierte mit Gewalt – und diese Reaktion wandelte den Protest gegen Janukowytsch zu einem umfassenden Aufstand gegen alle antidemokratischen Entwicklungen in der Ukraine seit 2010. Die Gewalt machte den Euromajdan zu einem Massenprotest gegen autoritäre Tendenzen, staatliche Gewalt und Willkür, Selbstbereicherung durch den Machthaber und seine Clique. Immer mehr Menschen schlossen sich den Protesten an, um ihre Empörung über die Polizeigewalt zum Ausdruck zu bringen.

Während aber aus dem Euromajdan die Revolution der Würde wurde, setzte Wladimir Putin einen länger gehegten Plan um: die Annexion der Krym. Am 27. Februar 2014, fünf Tage nachdem Janukowytsch nach Russland geflohen war, besetzten bewaffnete Gruppen das Regionalparlament und schalteten es de facto aus; im März 2014 marschierten Putins Soldaten in die Krym ein, Mitte März inszenierten die Besatzer ein angebliches „Referendum“ über den „Beitritt“ der Krym zur Russischen Föderation.

Tatsächlich bedeutete die Annexion das Ende der Demokratie auf der Halbinsel. Es war die Blaupause für das, was in den Monaten darauf auch in Donezk und Luhansk passieren sollte. Die Ereignisse auf dem Majdan hatten russische und prorussische ukrainische Medien bereits zuvor als Bedrohung für die russischsprachigen Ukrainer dargestellt.

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Zahlen & Fakten

Wolodymr Selenskyj und Angela Merkel im Dezember 2019 bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Paris, 9. Dezember 2019: Wolodymyr Selenskyj, seit wenigen Monaten im Präsidentenamt, und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Pressekonferenz im Rahmen des Normandie-Formats. © Getty Images

Selenskyj, die NATO und der Westen

  • „Diener des Volkes“ (Sluha narodu) heißt die Serie, mit der der Comedian Wolodymyr Selenskyj berühmt wird. Er spielt darin einen ungeschickten Lehrer, dem es passiert, dass er Präsident wird. In einer der Schlüsselszenen erhält er einen Anruf von Angela Merkel, in dem sie ihm mitteilt, dass sein Land in die EU aufgenommen sei. Es stellt sich dann heraus, dass sie die Ukraine mit Montenegro verwechselt.
  • Die Opposition in der Ukraine wirft Selenskyj seine Nähe zum Oligarchen Ihor Kolomojskyj vor. Der Milliardär lebt unter anderem in Wien. Bei den Präsidentschaftswahlen unterstützt Angela Merkel Petro Poroschenko, allerdings bestehen die engsten Beziehungen zu Wladimir Putin.
  • Am 21. April 2019 gewinnt Wolodymyr Selenskyj die Präsidentschaftswahlen mit 73 Prozent der Stimmen. Selenskyj erzwingt einige Monate später Neuwahlen, die seine Partei überragend gewinnt.
  • Das Normandie-Format unter der Ägide Deutschlands und Frankreichs sieht vor, dass Wladimir Putin und die jeweilige ukrainische Führung regelmäßig Kontakt haben, um über die Annexion der Krym und die besetzten Gebiete im Donbass zu verhandeln. Diese Verhandlungen waren 2019 ins Stocken geraten. Am 9. Dezember 2019, dem ersten Normandie-Forum für Selenskyj in Paris verständigen sich Selenskyj und Putin auf einen Gefangenenaustausch, einen Waffenstillstand und einen begrenzten Teilrückzug der Truppen; ebenso bekannten sich Russland und die Ukraine zur Steinmeier-Formel, die einen Sonderstatus für die Donetsk und Luhansk unter Aufsicht der OSZE vorsah.
  • Die Pipeline Nordstream II wird unterdessen gebaut. Für die deutsche Politik und Wirtschaft gilt sie, wie auch Nordstream I, als Wirtschaftsprojekt. Als der belarussische Journalist Raman Pratassewitsch und seine Lebensgefährtin im Mai 2021verhaftet werden, schließt sich die Ukraine den EU-Sanktionen gegen Belarus an.
  • Am 24. Februar 2022, als die russischen Truppen einmarschiert sind, stellt sich Selenskyj auf den Unabhängigkeitsplatz und nimmt mit vier weiteren Politikern, darunter Ministerpräsident Schmyhal, ein Video auf, das keinen Zweifel am Widerstand der Ukraine lässt. Der Ukraine werden nicht viele Chancen eingeräumt. „Euch bleiben nur wenige Stunden“ soll Christian Lindner zu Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland, gesagt haben. In dem Video sagt Selenskyj die Worte „Slawa Ukrajini!“, ein Slogan, der seit 2018 das Motto der ukrainischen Armee ist, aber wegen der Verbrechen der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA) in Wolhynien in den 1940er und noch 1950er Jahren als Ausdruck gewaltsamen ukrainischen Nationalismus und als Ausdruck der antipolnischen Gewalt galt. Die Solidarität Polens, das auch die meisten ukrainischen Flüchtlinge aufnahm, ist für die Historikerin Kornelia Kończal ein Zeichen der erfolgreichen gemeinsamen Aufarbeitung der Geschichte.
  • Der Beistand aus dem Westen kommt zögerlich, wie schon 2014 steht der Bruch der NATO-Staaten mit dem Budapester Memorandum von 1994 im Raum. Selenskyj gelingt es schließlich Waffenlieferungen durchzusetzen und wirbt für einen NATO-Beitritt der Ukraine. Es gelingt ihm nicht, beim Gipfel in Vilnius im Sommer 2023 bleibt die Einladung der NATO aus.

Schon 2014 war die Rede von dem angeblich nationalistischen „Kyjiwer Regime“. Auf der Krym hatten 2010 etwa 60 Prozent der Bevölkerung für Wiktor Janukowytsch gestimmt. Angesichts der vermeintlichen Bedrohung durch die „Nazis“ in Kyjiw konnten sich die prorussischen Kräfte als Vertreter der russischsprachigen Bevölkerung inszenieren und damit zumindest einen Teil der Gesellschaft überzeugen.

Und Teile der westlichen Eliten glaubten ihnen: Während proukrainische Kräfte auf der Krym, insbesondere die Krymtartaren, unter Verfolgung, Inhaftierung und Zwangsrekrutierungen litten, bemühten sich Kommentatoren wie der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel, den Bruch mit dem Völkerrecht herunterzuspielen. Der Mythos, die Krym sei eigentlich russisches Territorium, hält sich bis heute.

Dennoch blieb Europa für viele Ukrainer und Ukrainerinnen das Symbol für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und ein besseres Leben. Angesichts der grausamen Totalinvasion im Februar 2022 ist es die ukrainische Tragödie, dass dieser Charakter der Majdan-Proteste im Ausland und teilweise auch innerhalb der Ukraine nicht wahrgenommen wurde.

Das Versagen der Medien

Nicht zuletzt wegen der geschickten Einflussnahme des Kreml und seiner Medienhäuser zeichneten viele Medien im Westen ein Bild des Majdan als eines Aufstands ukrainischer Nationalistinnen und Nationalisten, von westukrainischen Radikalen, die im Rest des Landes keinerlei Rückhalt genießen würden. Selbst seriöse Medien übersahen die Ursachen in der ukrainischen Innenpolitik und erzählten den Majdan als eine Geschichte der Konfrontation zwischen „Ost“ und „West“ oder – als die Proteste im Verlauf des Winters zunehmend gewalttätiger wurden – als ein Tauziehen zwischen NATO, EU und USA auf der einen und Russland auf der anderen Seite.

Die Ukraine wurde in dieser Lesart zu einem Zankapfel zwischen zwei Machtblöcken, die angeblich im Hintergrund die Fäden zogen. Den Ukrainern wurde dabei jede Handlungsmacht über ihr eigenes Schicksal abgesprochen – obwohl sie sich gerade bei eisigen Temperaturen einem korrupten, gewaltbereiten, auto-ritären Regime entgegenstellten und dabei einen Mut bewiesen, der den selbst ernannten Geopolitik-Experten im wohlstandsverwöhnten Deutschland nie abverlangt worden war.

Dass die soziale und politische Emanzipation gerade in Deutschland oft gar nicht gesehen wurde, hatte auch mit älteren kolonialen Vorstellungen über die Länder und Menschen zwischen Russland und Deutschland zu tun: In der Debatte über den Majdan in der Ukraine zeigte sich teilweise in einem erschreckenden Ausmaß, wie sehr große Teile der Politik und der Medien immer noch Moskau als den eigentlichen Ansprechpartner Berlins oder der EU sahen und Länder wie die Ukraine als Störfaktoren abtaten, die den guten deutsch-russischen Beziehungen im Weg stünden.

Bereits die Wortwahl der Berichterstattung war entlarvend: Da war meist von der „Ukraine-Krise“ die Rede, nicht von zivilgesellschaftlichem Aufbegehren oder gar von der größten Protestbewegung in Europa seit dem Zerfall des europäischen Staatssozialismus.

Gekaufte Expertise

Allerdings gab es erhebliche Unterschiede in den deutschen Medien: Während Korrespondenten und Korrespondentinnen vor Ort meist informiert und empathisch berichteten und auch auf die russischen Desinformationskampagnen und die Stärke der ukrainischen Zivilgesellschaft hinwiesen, profilierten sich in den Talkshows vor allem die „Russland-Versteher“.

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Zahlen & Fakten

Proteste von hauptsächlich jungen Menschen, die 2019 in Kyjiw den neu gewählten Präsidenten Wolodymyr an die Versprechen des Euromajdan erinnern. Die Protestierenden fordern den Beitritt zu Nato und EU.
Kyjiw am 8. Dezember 2019: Fünf Jahre nach dem Euromajdan und der Annexion der Krym erinnern die Protestierenden Wolodymyr Selenskyj daran, dass er beim Normandie-Format keine Zugeständnisse an Russland machen soll. Die Proteste gingen als Rote-Linien-Proteste in die Geschichte der Ukraine ein. © Getty Images

Ist die NATO-Osterweiterung am Ukraine-Krieg Schuld?

Die Pragmaticus-Umfrage fragte die Österreicher und Österreicherinnen nach den Ursachen des Krieges. Eine Mehrheit sieht die Invasion im Februar 2022 als nicht zu rechtfertigen an.

Selbst nach dem Februar 2022 brachten sie noch viel Verständnis für den Aggressor auf, während sie die Ukraine als hoffnungslos gespaltene, undemokratische und korrupte Pseudo-Nation geradezu dämonisierten. Die „Russland-Versteher“ zeichneten sich dadurch aus, dass sie die politische Radikalisierung Russlands verharmlosten und zugleich nicht die geringste Ahnung von der Ukraine hatten. Statt Expertise zu Russland zu liefern, profilierten sie sich als Fürsprecherinnen und Fürsprecher des verbrecherischen Regimes von Wladimir Putin.

Dass auch seriöse Medien wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ihnen dennoch eine Bühne boten, gehört zu dem bisher nicht aufgearbeiteten Versagen von Teilen der Medienlandschaft. Für informierte Beobachter und Beobachterinnen war es im Oktober 2023 jedenfalls keine große Überraschung, zu erfahren, dass einer dieser vermeintlichen „Experten“, der Journalist Hubert Seipel – zwischen 2014 und 2022 ein häufiger, gern gesehener Gast in deutschen Talkshows zum Thema Ukraine und Russland –, aus dem Umfeld Putins mehr als eine Million Euro für seine Russland-Bücher erhalten hatte.

Hubert Seipel mit Wladimir Putin, der ein Buch in Händen hält. Beide lächeln.
Moskau, 7. Juni 2016. Der Journalist Hubert Seipel mit Wladimir Putin. der die Biografie in Händen hält, die Seipel über ihn geschrieben hat. Die beiden treffen sich hier bei der „Rossiya Segodnya International Information Agency“ einer Veranstaltung mit dem Titel „New Era of Journalism: Farewell to Mainstream International Multimedia Forum“. © Getty Images

Freilich war es geradezu ein Geschenk für die (pro-)russische Propaganda, dass rechtsradikale Gruppierungen sowie Nationalisten im Laufe des Winters 2013/2014 tatsächlich eine Rolle auf dem Majdan zu spielen begannen. Numerisch blieben sie zwar stets eine überschaubare Minderheit, aber durch ihre Militanz und Gewaltbereitschaft gewannen sie Einfluss und erregten enormes mediales Interesse, sodass Berichte über rechtsradikale Gruppierungen relativ häufig in den ausländischen Medien zu finden waren und ihr ideologischer Einfluss auf die Ziele des Protests teilweise geradezu grotesk überschätzt wurde.

Die Verantwortlichen für die Schüsse im Februar 2014 wurden bisher weder zweifelsfrei identifiziert noch bestraft. Die Toten gingen als die „Himmlische Hundertschaft“ (nebesna sotnja) in das kulturelle Gedächtnis der Ukraine ein – als Menschen, die für eine bessere, freiere und selbstbestimmte Ukraine ihr Leben gegeben hatten.

Das Erbe des Euromajdan

Der Majdan und der anschließende Angriff Russlands haben die Solidarität in der ukrainischen Gesellschaft und deren Zusammenhalt als Nation zweifelsohne gestärkt. Auch die Praxis friedlicher Machtwechsel durch demokratische Wahlen konsolidierte sich in den folgenden Jahren. Im internationalen Vergleich verbesserten sich ebenso Pressefreiheit und Korruptionsbekämpfung.

Doch Korruption und der Einfluss oligarchischer Clans auf Politik und Gesellschaft blieben ein Problem und ein Quell von Frustration für die Zivilgesellschaft. Als 2019 der politische Outsider Wolodymyr Selenskyj zum Präsidenten gewählt wurde, war dies auch ein Ausdruck der Desillusionierung mit den bis dahin einflussreichen Politikern.

Seit der russischen Totalinvasion ist die Ukraine ein Land im Überlebensmodus. Russlands erklärte Absicht ist die „Entukrainisierung der Ukraine“, die Vernichtung ihrer Kultur und Sprache. Die Besatzungspolitik Russlands ist genozidal: die gewaltsame Russifizierung des öffentlichen Raums, die Zerstörung ukrainischer Kulturgüter, die Verschleppung ukrainischer Kinder zum Zwecke der Russifizierung, Mord, Folter und Vergewaltigung.

Ein Meer von ukrainischen Fahnen auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kyjiw, wo 2014 einhundert Menschen während des Euromajdan erschossen wurden.
Gedenken an die Himmlischen Hundert auf dem Majdan Nesaleschnosti, Unabhängigkeitsplatz, in Kyjiw am 18. Februar 2024. © Getty Images

Unter den Opfern des russischen Krieges sind auch viele Aktivisten und Aktivistinnen des Majdan, die im Februar 2014 von einer neuen, demokratischen, freien und europäischen Ukraine geträumt hatten. Kürzlich hat die Europäische Union die Entscheidung getroffen, mit der Ukraine in Beitrittsverhandlungen zu treten. Wohl noch nie hat ein Land dafür einen so hohen Preis bezahlt.

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Conclusio

Die Annexion der Krym im Februar 2014 wurde von der europäischen Politik nicht als Antwort auf die Proteste des Euromajdan wahrgenommen, auch wenn es danach zu Sanktionen seitens der EU kam. Während der Ukraine das Ausmaß der Bedrohung durch die imperiale Einflusspolitik Russlands deutlich vor Augen stand, zweifelten Teile der Medien und der Politik die nationale Eigenständigkeit der Ukraine immer noch an. Die für Russland strategisch bedeutsame Krym galt diesen Journalisten, Akademikern und ­Politikern ebenso wie die Ukraine insgesamt als russisches Territorium. Erst seit der Totalinvasion Russlands ändert sich diese Wahrnehmung. Die jahrzehntelange Verteidigung der Demokratie hat dennoch das demokratische Nationalverständnis der Ukraine und ihre europäische Orientierung gestärkt.

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