Ein Fall von Haltungsschaden
Nicht nur die Staatsfinanzen müssen saniert werden, sondern auch jenes Haltungsproblem der Österreicher, das den Staat an die Grenzen der Pleite geführt hat.
„Die staatliche Lösung eines Problems ist für gewöhnlich genauso schlecht wie das Problem selbst“, hat der große liberale Ökonom Milton Friedman (1912–2006) einmal ebenso trocken wie zutreffend festgestellt.
Er hat damit, ohne es zu wollen, sehr präzise beschrieben, was eigentlich der Kern jener wirtschaftlichen Malaise ist, unter der Österreich seit drei Jahren in Form einer chronischen Rezession leidet.
Mehr von Christian Ortner
Denn die Mentalität, der Staat sei zuständig für die Lösung nahezu jedes Problems, das einem Menschen so zustoßen kann, ist hierzulande deutlich weiter verbreitet als in fast allen anderen halbwegs entwickelten Nationen. Mir ist jedenfalls kein anderes Land bekannt, in dem der Staat die Hälfte der Kosten einer Fahrradreparatur übernimmt, selbst wenn der Radeigner über eine Garage mit einem halben Dutzend Luxuslimousinen verfügt. Mir ist kein anderes Land bekannt, das in der Corona-Pandemie so viel Geld an jeden ausschüttete, der sich nicht rechtzeitig auf einen Baum retten konnte. Im Kleinen wie im Großen gilt hierzulande: Der Staat hat gefälligst dafür zu sorgen, dass unsere Komfortzone stets kuschelig temperiert, von allen Zumutungen der Realität abgeschottet und bitte auch ausreichend bespaßt wird.
Überzogene Ansprüche …
Das Problem dabei ist exakt jenes, das Milton Friedman beschrieben hat: Je mehr staatliche Lösungen es gibt, desto mehr schlechte Lösungen gibt es – und genau an diesem Punkt stehen wir jetzt, weil die vielen schlechten Lösungen unter anderem dafür verantwortlich sind, dass das Land jetzt ökonomisch von Grund auf saniert gehört.
Wobei es im Grunde nicht nur um eine finanzielle Sanierung ginge, sondern um eine der Mentalität. Denn wenn die Mentalität des unmäßigen und völlig überzogenen Anspruchs an den Staat nicht zugunsten von mehr Eigenverantwortung zurückgedrängt wird, wird die Zeit nach der Krise zur Zeit vor der Krise.
Wir haben es also im Kern mit einem Haltungsproblem zu tun. Über die Jahre und Jahrzehnte ist dem Bürger vermittelt worden, er müsse sich mit räuberisch hohen Steuern und Abgaben abfinden, weil er dafür (und nach Abzug der enormen Verwaltungskosten) ein Susi-sorglos-Rundumversicherungspaket fürs Leben bekomme, von der Wiege bis zur Bahre.
… deren Erfüllung in die Unfreiheit führt
Ich halte das für eine Form der Infantilisierung eines erheblichen Teils der Bevölkerung, der damit in Unmündigkeit, Abhängigkeit von den Autoritäten und letzten Endes gar einer Art von Unfreiheit gehalten wird, einer Schafherde nicht unähnlich. Eine eher unwürdige Angelegenheit, die auf die Müllhalde der Geschichte entsorgt gehört. Ich sage nur: Kettensäge.
Es ist dies ein Haltungsschaden, der vermutlich tief in der Geschichte des Landes verwurzelt ist, das anders als die Schweiz oder Norddeutschland kaum von der protestantischen Ethik berührt worden ist, dafür aber bis heute an der Obrigkeitshörigkeit als posthabsburgischem Phantomschmerz leidet.
Aber wie man ab dreißig bekanntlich selbst für sein Gesicht verantwortlich ist, wird auch der Verweis auf die Geschichte irgendwann zur törichten Pose. Dass echter Liberalismus in Österreich ungefähr so beliebt ist wie eine ausgewachsene Diarrhö, wird es nicht leichter machen, das Staatsmodell des betreuten Lebens endlich zu liquidieren. Aber wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen, gibt es dazu keine Alternative.
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