Der Millionär als Asylant

Norwegen und ein Schweizer Kanton zeigen gerade, wie höhere Steuern zu weniger Ertrag führen und niedrigere zu höheren Einnahmen.

Blick über den Schweizer Kanton Zug.
Der Schweizer Kanton Zug zieht wegen seiner niedrigen Steuern nach wie vor Unternehmen und Reiche aus aller Welt an. © Getty Images

Im Schweizer Kanton Zug, berühmt für seine süßen Kirschen und niedrigen Steuersätze, hatte die Regierung heuer ein Problem, von dem andere Politiker nicht einmal träumen können: Die Steuereinnahmen lagen in den letzten drei Jahren um 300 Millionen Franken über den ohnehin ziemlich üppigen Ausgaben – Tendenz: weiter steigend. Und so stellte sich die Frage, was mit dem Geldsegen eigentlich geschehen soll. Die Steuern noch weiter zu senken war aus rechtlichen Gründen nicht möglich, also entschied der Kanton, bis 2027 die Spitalskosten aller Landesbürger zu übernehmen. 

Möglich wurde das, weil die niedrigen Steuern nach wie vor Unternehmen aus aller Welt anziehen wie frischer Beinschinken die Wespen.

Das genau gegenteilige Problem hatte heuer das ebenfalls sehr wohlhabende Norwegen. Dort hat die Regierung die Vermögensteuern eher recht moderat erhöht, was aber dazu geführt hat, dass rund 500 reiche oder gar superreiche Bürger der nordischen Petro-Monarchie „Farvel“ („Lebwohl“) sagten und die Flucht ergriffen, in den meisten Fällen in die Schweiz, wo man für derartige Schutzsuchende ja traditionell eine gut entwickelte Willkommenskultur bereithat, samt komfortablen Asylunterkünften an der Zürcher Goldküste oder dem schönen Genfersee. Oder natürlich in Zug, dem traditionellen Auffanglager für Wohlbetuchte.

Norwegen schoss sich ins Knie

Das Nachsehen hat jetzt der norwegische Fiskus, denn mit dem halben Tausend Reicher verließen viele, viele Milliarden das Land, und jetzt sind in der Folge die Steuern zwar höher, aber die Steuererträge deutlich niedriger. Da hat sich eine Regierung, die offenkundig glaubt, das ökonomische Pendant zum Gesetz der Schwerkraft ignorieren zu können, ins Knie geschossen und auch noch Milch nachgeschüttet. Oder wie es die geniale US-amerikanische Schriftstellerin und Kapitalismus-Ikone Ayn Rand formuliert hat: „Man kann zwar die Realität ignorieren, aber man kann nicht die ignorierten Folgen davon ignorieren.“ 

Leider wird diese Erkenntnis von erheblichen Teilen der hiesigen Politik mit einer geradezu unfassbaren Souveränität ignoriert, was bekanntlich zu einer Staatsverschuldung in einem Ausmaß geführt hat, für das man im Zivilleben einen Erwachsenenvertreter zugewiesen bekäme.

Kein Anzeichen für Steuersenkung

Und deswegen ist auch im aktuellen Wahlkampf nicht einmal annähernd eine Idee zu sehen oder zu hören, wie unsere klamme Republik zumindest ein kleines Stück weit dem Modell Zug nacheifern und mit niedrigen Steuern Unternehmen und Investoren in hoher Zahl anlocken könnte. (Was, kurios genug, in grauer Vorzeit übrigens schon einmal gelang: und zwar 1993 – ausgerechnet unter dem sozialdemokratischen Finanzminister Ferdinand Lacina.)

Wie immer lehrt die Geschichte, doch es hört ihr niemand zu.

Stattdessen ist zu befürchten, dass es im Herbst eine politische Debatte darüber geben wird, Österreich angesichts dessen leerer staatlicher Geldspeicher in fiskalischer Hinsicht zu einem Norwegen ohne Erdöl zu machen, also so wie dort Vermögen von der Staatsmacht unsittlich begrapschen und befummeln zu lassen.

Das Ergebnis würde aller Wahrscheinlichkeit nach das gleiche sein wie in Norwegen – aber wie immer lehrt die Geschichte zwar, doch es hört niemand zu.

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