Die neue Ära der Humanoiden
Roboter sind längst überall – doch humanoide Roboter betreten gerade die Bühne. Sie könnten unseren Alltag und unsere Arbeitswelt komplett umkrempeln.

Auf den Punkt gebracht
- Geschichte. Von Unimate bis Roomba – Roboter prägen seit den 1950er-Jahren Industrie, Alltag und Forschung.
- Humanoide. Sie sollen flexibel wie Menschen agieren und Fachkräftemangel in vielen Branchen abfedern.
- Technologien. Von Atlas’ Saltos bis zu den chinesischen Unitree-Robotern: Die Fähigkeiten wachsen rasant.
- Herausforderungen. Hohe Kosten, technische Limits und ethische Fragen bremsen den Durchbruch noch.
Heutzutage sind Roboter überall im Einsatz von Lieferdrohnen, die Pakete bringen, bis zu humanoiden Robotern, die fast wie Kumpels wirken. Die Geschichte der Roboter begann so richtig in den 1950er-Jahren, als die Industrie anfing, Maschinen zu automatisieren. Der erste Star war der Unimate, ein Roboterarm, der 1961 bei General Motors die Fließbänder rockte. Seitdem haben Roboter einen Riesensprung gemacht: In den 70ern erkundeten sie den Mars, in den 80ern halfen assistieren Roboter wie das Da-Vinci-System den Ärzten bei Operationen, und seit den 2000ern huschen sie als Roomba durch unsere Häuser während Rasenmähroboter den Garten in Schach halten. Weiterhin, in der Logistik liefern Drohnen und fahrerlose Transportsysteme Pakete oder bewegen Waren in riesigen Lagern, wie bei Amazon.
Mehr im Dossier Humanoide Roboter
Doch was macht einen Roboter eigentlich aus? Ein zentrales Merkmal ist seine Autonomie: Er kann Aufgaben ganz oder zumindest teilweise selbstständig ausführen, ohne dass jeder einzelne Schritt von einem Menschen gesteuert werden muss. Darüber hinaus zeichnen sich Roboter durch ihre Programmierbarkeit aus – sie lassen sich für verschiedene Aufgaben anpassen und neu konfigurieren. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Interaktion: Roboter reagieren auf ihre Umwelt, beispielsweise über Sensoren, und passen ihr Verhalten entsprechend an.
Warum die Roboter menschlich werden
In der modernen Fertigung sind Roboter essentiell für die präzise und fehlerfreie Ausführung spezifischer Aufgaben. Jedoch stößt dieses Modell zunehmend an seine Grenzen, da die Dynamik der heutigen Produktionsumgebungen deutlich höher ist als noch vor 50 Jahren. Die spezialisierte Bauweise und starre Programmierung herkömmlicher Roboter erfordern bei jeder Anpassung von Produktionsprozessen nicht nur eine aufwendige Neuprogrammierung, sondern oft auch eine Neugestaltung der physischen Komponenten und Aktoren. Dies führt zu einem erheblichen Effizienzverlust.
Gleichzeitig verschärft der demografische Wandel dieses Problem. Der Mangel an Arbeitskräften für körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten erfordert, dass diese Aufgaben zunehmend von technologischen Lösungen übernommen werden müssen. Die Herstellung hochspezialisierter Roboter für Nischenbereiche ist jedoch oft nicht mehr wirtschaftlich.
Eine vielversprechende Lösung bietet sich in der Entwicklung humanoider Roboter. Durch die Nachbildung des menschlichen Körpers, einem über Jahrmillionen optimierten System, könnten diese Roboter eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an unvorhergesehene Umgebungsbedingungen und Aufgabenstellungen aufweisen. Sie könnten als universelle Arbeitsplattformen agieren und die Lücke füllen, die durch den Fachkräftemangel und die steigenden Anforderungen an flexible Produktionssysteme entsteht.
Von der Science-Fiction in die Realität
Humanoide Roboter faszinieren uns schon lange als Science-Fiction Figuren, manchmal als bedrohliches Maschinenwesen und manchmal als liebenswerten Begleitern, die uns ein Stück näherstehen. Maria aus Metropolis (1927) und C-3PO aus Star Wars. In Fritz Langs Stummfilmklassiker wird Maria als Maschinenmensch erschaffen, um Menschen zu täuschen und zu manipulieren. Über 50 Jahre später betrat mit C-3PO ein ganz anderer humanoider Roboter die Leinwand: ein goldglänzender, höflicher und manchmal etwas ängstlicher Protokolldroide, der Sprachen übersetzt und humorvolle Momente liefert.
Humanoide Roboter sind den Menschen nachempfunden. Sie haben meist einen Kopf, Arme und Beine oder manchmal einfach Räder, um flink unterwegs zu sein. Einige tragen sogar ein Gesicht, das unsere Emotionen nachahmt und fast schon sympathisch wirkt. Man kann sagen, in ihnen steckt ein ganzes Orchester aus Mechanik, Elektronik und cleverer Software, das perfekt zusammenspielt, um eine beeindruckende Show abzuliefern.
Dank moderner Sprachmodelle und Chatbots können diese Roboter heute viel natürlicher mit uns kommunizieren als noch vor wenigen Jahren. Dieses Zusammenspiel nennt man Mensch-Roboter-Interaktion. Das bedeutet, sie verstehen unsere Anweisungen, können Informationen aufnehmen und uns sogar tatkräftig bei alltäglichen Aufgaben unterstützen, vom Erklären eines Arbeitsschrittes bis hin zum gemeinsamen Zubereiten des Abendessens.
In allen Gebieten zuhause
Einer der historisch ikonischsten Laufroboter ist zweifellos ASIMO („Advanced Step in Innovative Mobility“) von Honda. Seit seiner Einführung im Jahr 2000 hat dieser humanoide Roboter die Welt beeindruckt und fasziniert. Er bewies, dass die Vision von einem menschenähnlichen Roboter, der sich autonom in unserer Welt bewegt, keine Science-Fiction mehr ist. Was ASIMO so besonders machte, war seine herausragende Fähigkeit zur bipedalen Fortbewegung, auf zwei Beinen laufen, die der eines Menschen sehr nahekam. Er konnte auch fließend Treppen steigen, Türen öffnen und sogar rennen. Darüber hinaus zeigte er erstaunliche Interaktionsfähigkeiten: Er konnte Handlungen wie das Servieren von Getränken ausführen, Gesten interpretieren und mit Menschen kommunizieren.
In den letzten Jahren haben viele große Unternehmen und kleine Start-ups in Europa, Großbritannien, den USA und China kräftig in die Entwicklung humanoider Roboter investiert. Die Einsatzmöglichkeiten und Technologien dieser Roboter sind vielfältig. Sie kommen in Bereichen wie Unterhaltung, Bildung, Pflege, Forschung oder sogar als persönliche Assistenten zum Einsatz. Verschiedene Firmen setzen dabei auf unterschiedliche Funktionen und Fähigkeiten, um sich auf dem wachsenden Markt für humanoide Roboter zu behaupten.
Roboter wie Atlas von Boston Dynamics springen, laufen und beherrschen sogar Rückwärtssaltos, während Projekte wie Tesla Optimus oder Digit von Agility Robotics vor allem für den Einsatz in Industrie und Logistik entwickelt werden. Andere humanoide Roboter konzentrieren sich auf die Interaktion mit Menschen. Bekannte Beispiele sind Sophia von Hanson Robotics, die sogar als erste Roboter in eine Staatsbürgerschaft erhielt, oder Pepper von SoftBank, der in Geschäften, Bildungseinrichtungen und Kliniken für Gespräch und Unterhaltung sorgt.
Für Bildung und Forschung sind kleinere Roboter wie NAO besonders spannend – leicht programmierbar und perfekt, um spielerisch in die Welt der Robotik einzutauchen. Es gibt aber auch Modelle, die in ganz besonderen Bereichen arbeiten: Robonaut von der NASA unterstützt Astronaut:innen auf der ISS, und Ameca von Engineered Arts begeistert mit beeindruckend realistischer Mimik und Gestik. Auch China hat mit CyberOne und der Unitree-Serie eigene Entwicklungen, die von emotionaler Interaktion bis hin zu tänzerischen Shows reichen.
2025: Das Jahr der humanoiden Roboter
Fachleute sind sich einig, dass 2025 das Jahr der humanoiden Roboter ist und die Technologien dahinter das nächste große Ding werden könnten. Seit 2023 erkennt China humanoide Roboter als „new frontiers in technological competition“. Kein Wunder also, dass CNN im April 2025 von mehr als 20 laufenden Robotern beim ersten Welt-Halbmarathon in China berichtet hat. Diese Ereignisse zeigen eindrucksvoll, wie humanoide Roboter langsam aus dem Labor in die reale Welt treten und dort immer größere Aufgaben übernehmen.
Der Weg humanoider Roboter vom Labor in den Alltag ist von zahlreichen Herausforderungen geprägt, an deren Lösung Wissenschaft und Industrie mit Hochdruck arbeiten. Trotz beeindruckender technologischer Fortschritte stehen humanoide Roboter vor komplexen technischen, sozialen und ethischen Hürden, die es zu überwinden gilt, bevor sie verlässlich und sicher Aufgaben wie die eines Handwerkers oder Lehrers übernehmen können.
Ein zentrales technisches Hindernis ist die Geschicklichkeit und Feinmotorik. Präzise Tätigkeiten wie Schreiben oder das sichere Halten einer Tasse bleiben herausfordernd. Auch die autonome Navigation in unstrukturierten Umgebungen ist komplex. Hinzu kommen kurze Batterielaufzeiten, hohe Herstellungskosten und ein Mangel an spezifischen Normen, die ihre sichere Integration erleichtern könnten.
Fehlende Rahmenbedingungen
Abgesehen von technischen Hürden müssen auch soziale und ethische Fragen gelöst werden. Dazu gehören die gesellschaftliche Akzeptanz (das sogenannte „Uncanny Valley“, da manche Roboter zu menschlich wirken), Datenschutzbedenken (wegen der Erfassung persönlicher Daten) und die Frage nach der Haftung bei Schäden. Zudem könnte der Einsatz von Robotern in der Arbeitswelt zu Jobverlusten führen.
Ein weiteres Hindernis ist das Fehlen spezifischer Normen für humanoide Roboter. Derzeit fallen sie unter allgemeine Regelwerke wie die ISO 10218 für Industrieroboter oder die ISO 13482 für Serviceroboter. Internationale Normungsorganisationen wie die ISO und die IEEE arbeiten jedoch intensiv daran, diese Lücke zu schließen, indem sie Standards entwickeln, die speziell auf die Sicherheitsanforderungen und einzigartigen Fähigkeiten humanoider Roboter zugeschnitten sind.
Conclusio
Technik. Humanoide Roboter haben enorme Fortschritte gemacht, bleiben aber in Geschicklichkeit, Kosten und Autonomie begrenzt. Wer investieren will, braucht Realismus.
Gesellschaft. Akzeptanz, Sicherheit und klare Regeln entscheiden, ob Roboter Partner oder Problem werden. Ohne Standards droht Misstrauen.
Zukunft. Mit KI und globalem Wettbewerb beschleunigt sich die Entwicklung. Europa muss handeln, wenn es nicht abgehängt werden will.


