Damit das Rind nicht mehr rülpst
Methan aus der Rinderhaltung ist ein Klimaproblem. Forscher der UC Davis setzen auf Gen-Editing des Mikrobioms, um Emissionen zu senken – eine nachhaltige Lösung?

Auf den Punkt gebracht
- Problem. Methan aus der Rinderhaltung trägt erheblich zum Klimawandel bei.
- Ansatz. Wissenschaftler erforschen Gen-Editing des Mikrobioms, um die Methanproduktion zu verringern.
- Potenzial. Eine optimierte Mikrobiomzusammensetzung könnte Emissionen senken und die Futtereffizienz steigern.
- Herausforderungen. Technische, ethische und gesellschaftliche Fragen müssen geklärt werden.
Der weltweite Agrarsektor steht vor der Herausforderung, die Treibhausgasemissionen einzudämmen, da Methan aus der Rinderhaltung erheblich zum Klimawandel beiträgt. Methan, ein starkes Treibhausgas, hat über einen Zeitraum von zwanzig Jahren ein 80-mal höheres Erwärmungspotenzial als Kohlendioxid. Es wird hauptsächlich bei der Verdauung von Rindern durch einen Prozess freigesetzt, der als enterische Fermentation bekannt ist.
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Forscher der UC Davis in Kalifornien arbeiten gemeinsam mit dem Innovative Genomics Institute (Universität von Kalifornien, Berkeley) an einer bahnbrechenden Initiative, um dieses Problem durch die genetische Veränderung des Mikrobioms von Rindern zu lösen. Dieser innovative Ansatz zielt auf eine drastische Verringerung der Methanemissionen aus der Viehhaltung ab und bietet eine nachhaltige Lösung zur Eindämmung des Klimawandels.
Die Herausforderung der Methanemissionen
Rinder sind für etwa vier Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, wobei Methan den größten Anteil ausmacht. Die Quelle dieses Gases liegt im Pansen, der größten Kammer des Kuhmagens, die ein komplexes Ökosystem von Mikroorganismen beherbergt. Diese Mikroben, darunter auch Archaeen, spielen eine entscheidende Rolle bei der Umwandlung von Futter in Energie. Leider entsteht bei diesem Prozess auch Methan als Nebenprodukt, das die Kühe vor allem durch Aufstoßen freisetzen. Im Durchschnitt stößt eine einzelne Kuh jährlich etwa 100 Kilogramm Methan aus.
Die Bemühungen zur Verringerung der Methanemissionen reichen von Nahrungsergänzungsmitteln wie Algen und synthetischen Zusatzstoffen bis hin zu Gerbstoffen und Fettsäuren. Logistische Probleme erschweren jedoch die breite Anwendung dieser Lösungen, insbesondere für die neunzig Prozent der Rinder, die auf der Weide gehalten und nicht mit kontrolliertem Futter gefüttert werden. Das Gen-Editing bietet eine vielversprechende Alternative, denn es ermöglicht dauerhafte Veränderungen des Mikrobioms von Kühen, die die Methanproduktion erheblich reduzieren könnte – ohne dass das Futter oder das Verhalten der Tiere verändert werden muss.
Die Vision für ein Methan-freies Mikrobiom
Das Team der UC Davis hat die Vision, eine probiotische Behandlung zu entwickeln, die das Mikrobiom eines Kalbes lebenslang verändern könnte. Bei einer frühzeitigen Verabreichung, z. B. bei Routineimpfungen, würde diese Behandlung die CRISPR-Cas9-Technologie nutzen, um gezielt Gene von Mikroben, insbesondere von Methanogenen, zu verändern. Diese veränderten Mikroben würden entweder die methanproduzierenden Archaeen verdrängen oder ihre Stoffwechselwege unterbrechen und so die Methanproduktion an der Quelle stoppen.
Das Projekt baut auf den Fortschritten der CRISPR-Cas9-Technologie auf, einem revolutionären Gen-Editing-Werkzeug, mit dem Wissenschaftler die DNA präzise verändern können. Durch den Einsatz von CRISPR wollen die Forscher mikrobielle Spezies entwickeln, die in der Lage sind, Wasserstoff und Kohlendioxid - wichtige Vorstufen von Methan - effizient zu alternativen Nebenprodukten zu verarbeiten, die nicht zur globalen Erwärmung beitragen.
Kartierung des Mikrobioms
Bevor wir das Mikrobiom bearbeiten können, müssen wir zunächst seine komplizierte Dynamik verstehen. Der Pansen der Kuh beherbergt eine vielfältige mikrobielle Gemeinschaft, darunter Bakterien, Pilze und Archaeen, die sich über Millionen von Jahren entwickelt haben. Dieses Ökosystem funktioniert wie eine fein abgestimmte Maschine, die Futter aufspaltet und Energie produziert, aber auch Methan als Nebenprodukt erzeugt. An der UC Davis sammeln Forscher Pansenflüssigkeitsproben von Kälbern von der Geburt bis zum Ende ihres Lebens, um die mikrobielle Population zu kartieren.
Dieser Prozess gleicht dem gleichzeitigen Lösen Hunderter von Puzzles, da die DNA jedes Mikroorganismus in Fragmente zerlegt wird.
Diese Proben werden tiefgefroren und in Labors transportiert, wo fortschrittliche Sequenzierungstechnologien und maschinelle Lernalgorithmen die Genome der vorhandenen Mikroben rekonstruieren. Dieser Prozess gleicht dem gleichzeitigen Lösen Hunderter von Puzzles, da die DNA jedes Mikroorganismus in Fragmente zerlegt wird, die wieder zusammengesetzt werden müssen.
Ziel ist es, herauszufinden, welche Mikroben am stärksten für die Methanproduktion verantwortlich sind, und zu ermitteln, wie man ihre Aktivität entweder unterdrücken oder durch künstlich hergestellte Alternativen ersetzen kann. Die Kartierung umfasst Kälber, die in keiner Weise verändert wurden, und andere, die eine Behandlung erhalten haben, die die Methanemissionen von der Geburt bis zum Absetzen unterdrückt. Eine dritte Gruppe erhält von der Entwöhnung bis zur Geschlechtsreife einen Zusatz gegen Methanogene.
Dies ermöglicht die detaillierte Untersuchung der Veränderungen des Mikrobioms während der Methanunterdrückung und die Identifizierung der wichtigsten Mikroben, die das Mikrobiom stabil halten. Die Studie wird Aufschluss darüber geben, wie diese Mikrobiome funktionieren, wie sie unter verschiedenen Bedingungen funktionieren, welche Mikroben dafür verantwortlich sind und an welchen Stellschrauben wir drehen müssen, um diese Systeme in verschiedene Richtungen zu bewegen.
Viele offene Fragen
Ein vielversprechender Ansatz besteht darin, geneditierte Bakterien in den Pansen einzubringen, um Archaeen bei der Konkurrenz um Wasserstoff, ein entscheidendes Substrat für die Methanproduktion, zu übertreffen. Indem sie den Wasserstoff auf andere Stoffwechselwege umleiten, könnten die manipulierten Mikroben die Methanbildung gänzlich verhindern. So erforschen wir beispielsweise die Verwendung von Duodenibacillus, einer Bakteriengattung, die so verbessert werden könnte, dass sie effizient Wasserstoff verbraucht und gleichzeitig in der Pansenumgebung gedeiht.
Eine andere Strategie besteht darin, die methanproduzierenden Archaeen direkt zu verändern, indem entweder die für die Methansynthese verantwortlichen Gene gestört oder genetische Eigenschaften eingeführt werden, die sie weniger konkurrenzfähig machen.
Diese Methode bietet zwar Präzision, birgt aber auch Herausforderungen, da es von Natur aus schwierig ist, sicherzustellen, dass die Gen-Editing-Tools alle Ziel-Archaeen im Pansen erreichen. Im Rahmen der Studie werden zusätzliche Editierwerkzeuge entwickelt - es gibt Mikroben im Pansen, von denen wir noch nicht wissen, wie sie genetisch verändert werden können, so dass wir Editiersysteme entwickeln müssen, die für diese Mikroben und letztendlich für den Einsatz geeignet sind. Es gibt Wissenslücken, auf die die Studie eine Antwort geben muss. Zum Beispiel:
- Gibt es bestimmte Pansenpilze, die für eine gesteigerte Methanogeneseproduktion unerlässlich sind?
- Wie interagieren Pansenpilze mit anderen Mitgliedern des Pansenmikrobioms?
- Sind Pansenpilze ein brauchbares Ziel für Genom-Editing, um die Produktion von Methan im Darm zu reduzieren?
- Wie reagieren das Pansenmikrobiom und seine Funktion auf Genome Editing anderer Pansenmikroben?
Mehr Effizienz, weniger Methan
Die Auswirkungen dieser Forschung gehen weit über die Methanreduzierung hinaus. Methanemissionen stellen für Rinder einen Energieverlust dar; bis zu 12 Prozent ihrer Futterenergie wird in Form von Methan verschwendet. Die Umleitung dieser Energie in die Milch- und Fleischproduktion könnte die Effizienz und Produktivität der Viehzucht verbessern, was den Landwirten wirtschaftlich zu Gute käme und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck der Branche verringern würde.
Darüber hinaus könnten die Grundsätze der Mikrobiom-Editierung auch auf andere Methan produzierende Tiere wie Schafe und Ziegen oder sogar auf weiter gefasste Umweltbereiche wie Feuchtgebiete und Permafrostregionen angewendet werden.
Das Mikrobiom der Kuh ist ein hochkomplexes System, das sich über Jahrtausende hinweg entwickelt hat.
Trotz seiner vielversprechenden Ergebnisse könnte das Projekt technische und ethische Herausforderungen mit sich bringen. Das Mikrobiom der Kuh ist ein hochkomplexes System, das sich über Jahrtausende hinweg entwickelt hat und sich daher nicht einfach dauerhaft verändern lässt. Darüber hinaus gibt die öffentliche Wahrnehmung von Gene Editing nach wie vor Anlass zur Sorge. Zwar wird die Veränderung von Mikroben als weniger invasiv angesehen als die Veränderung des Genoms eines Tieres, doch die Angst vor unbeabsichtigten Folgen bleibt bestehen. Die Forscher betonen, dass strenge Tests erforderlich sind, um die Sicherheit und Wirksamkeit aller mikrobiombasierten Behandlungen zu gewährleisten.
Der Weg dorthin
Das Projekt der UC Davis befindet sich noch in der Anfangsphase. Das Team will innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Versuchsbehandlung entwickeln, wobei die ersten Tests an Kälbern auf dem Milchviehbetrieb der Universität durchgeführt werden sollen. Durch die genaue Überwachung der Methanemissionen und der Stabilität des veränderten Mikrobioms hoffen wir, unseren Ansatz zu verfeinern und seine Durchführbarkeit in größerem Maßstab zu demonstrieren. Das Bestreben, ein methanfreies Mikrobiom zu entwickeln, hat das Potenzial, die Viehzucht umzugestalten und den Klimawandel einzudämmen, und gibt Hoffnung auf einen grüneren Planeten.
Conclusio
Gerülpst. Rinder verursachen 4 % der weltweiten Treibhausgasemissionen, vor allem durch Methan aus der Verdauung. Ohne Gegenmaßnahmen bleibt die Viehwirtschaft ein erheblicher Klimafaktor.
Geändert. Die gezielte Veränderung des Mikrobioms könnte Methanemissionen drastisch senken und die Futtereffizienz steigern. Doch technische Machbarkeit, langfristige Stabilität und Sicherheitsfragen sind noch ungeklärt.
Geregelt. Wissenschaft, Politik und Gesellschaft müssen gemeinsam über Chancen und Risiken neuer Technologien entscheiden. Nur mit Akzeptanz, Regulierung und Forschung kann dieser Ansatz Teil einer klimafreundlichen Landwirtschaft werden.