Wer vertritt uns eigentlich?
Welchen beruflichen Hintergrund haben unsere Abgeordneten im Nationalrat, woher kommen sie, wie repräsentativ sind sie für das Volk?
Gruppen, die nicht im Parlament vertreten sind, laufen Gefahr, dass ihre Interessen unberücksichtigt bleiben: Daher begleitete die Forderung nach Repräsentanz den Parlamentarismus von Anfang an. Die offensichtlichste Form der Übereinstimmung zwischen Repräsentanten und Repräsentierten zeigt sich in bestimmten Merkmalen: Geschlecht, Alter, Klasse, Beruf, Bildungsgrad, Region, etc. Eine Analyse dieser Merkmale bringt zu Tage, welche Gruppen in Österreichs Nationalrat über-, und welche unterrepräsentiert sind.
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Junge und ältere Menschen sind im Nationalrat deutlich weniger vertreten als in der Gesamtbevölkerung. Die 40- bis 59-Jährigen stellen über 60 Prozent der Abgeordneten, aber nur gut ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung.
Geburtsort und Wahlkreis sind nicht deckungsgleich. So kann ein gebürtiger Oberösterreicher zum Beispiel auch in einem Wiener Wahlkreis kandidieren. Bei der fraktionslosen Abgeordneten handelt es sich um Pia Philippa Beck, vormals Strache.
Seit 1945 hat sich der Akademikeranteil im Nationalrat mehr als verdoppelt. Über 50 Prozent der Abgeordneten verfügen über einen akademischen Abschluss. In der Bevölkerung hingegen zwischen 25 und 64 nur rund ein Fünftel.
Bereits als 1918 das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, lag die Wahlbeteiligung von Männern und Frauen ungefähr gleich hoch. Bis Frauen mehr als zehn Prozent der Abgeordneten im Nationalrat stellten, dauerte es allerdings bis Mitte der 1980er Jahre. Heute liegt der Frauenanteil bei rund 40 Prozent.
Fast ein Drittel aller Nationalratsabgeordneten hat die Politik zum Beruf gemacht. Das ist per se nicht negativ, denn auf Bundesebene ist Politik in allen entwickelten Demokratien eine hoch spezialisierte, professionalisierte Tätigkeit. Alle Angaben laut eigener Biografie auf der Website des Parlaments, Mehrfachnennungen möglich.
Schüler- und Studentenverbindungen, Jugendorganisationen, Bünde und Gewerkschaftsfraktionen: Die Vorfeldorganisationen der Parteien scheinen für die Nachwuchs-Rekrutierung unverzichtbar. Alle Angaben laut eigener Biografie auf der Website des Parlaments, Mehrfachnennungen möglich.
Auch aus den Organisationen der Sozialpartner rekrutieren die Parteien einen bedeutenden Teil ihrer Kandidaten für den parlamentarischen Betrieb. Das verfestigt die Macht der Sozialpartner auch im Parlament.
Die ÖVP hat den mit Abstand höchsten Anteil an Führungskräften der Wirtschaft (59 %). Gefolgt von der FPÖ mit 19 % und den Neos mit 11 %.
Im Gegensatz zu landläufigen Vorurteilen ist der Anteil der öffentlich Bediensteten seit drei Jahrzehnten im Sinken begriffen. Allerdings stellen sie mit 36 Prozent immer noch mehr als ein Drittel aller Abgeordneten.
Bis zum 30. Juni des Folgejahres müssen Mandatare angeben, in welche der angeführten Kategorien zusätzliche Einkünfte aus meldepflichtigen Nebentätigkeiten im vorangegangenen Jahr gefallen sind.
In der FPÖ sitzen die Mandatare im Durchschnitt am längsten im Parlament, bei den Grünen am kürzesten. Pia Philippa Beck, vormals Strache, wurde am 23. Oktober 2019 als Abgeordnete angelobt.
Neun der 183 Abgeordneten haben in ihrer Biografie Bürgermeister als Beruf angegeben, alle gehören derselben Partei an. Die Funktion bekleiden insgesamt 16 Abgeordnete.
Edit: In einer früheren Fassung wurden nur jene neun Bürgermeister dargestellt, die ihre Funktion als Beruf angegeben haben.