Pegolotti, Banker in der Unterwelt

Als Francesco Balducci Pegolotti auf der Höhe seiner Wirtschaftsmacht ist, tobt Dantes Inferno in Europa und bringt schließlich die Pest. Wieviel Schuld daran trug der Handel?

„Die Überquerung des Styx“ von Jacob Isaacszoon van Swanenburgh (1571-1638). Van Swanenburgh war auf szenische Darstellungen der Hölle spezialisiert. Er konnte die Ideen dafür aus der Realität schöpfen: Im 14. Jahrhundert durchlebten Menschen die Hölle auf Erden mit Hagel, nicht enden wollendem Regen, Schlammfluten, Dürren und Heuschreckenplagen. Dante Alighieri hat jede einzelne Katastrophe in der Göttlichen Komödie beschrieben, bis auf die schlimmste: die Pest. Die Kombination aus plötzlichem Klimawandel und Pandemie vernichtete den Reichtum Francesco Balducci Pegolottis. Reich geworden durch ein Handelsnetz, das sich von Marokko bis China erstreckte, erlebte sein Bankhaus einen eigenen Lehman-Brothers-Moment als seine Gläubiger nicht mehr zahlen konnten – eine Folge der jahrelangen Ernteausfälle und der Pest, die sich just über seine Handelswege auf der ganzen Welt verbreitete. Das Bild zeigt den mythologischen Styx, der die Welt der Lebenden und die Welt der Toten, den Hades, voneinander trennt, bewacht durch Cerberus, den Höllenhund, der die Gierigen im Schlamm verschlingt, während Eisregen auf die Sünder herabregnet. Im Bild ist die Fähre des Charon zu sehen, der die Verdammten über den Styx bringt und sie der Hölle überlässt. Das Bild illustriert einen Podcast mit dem Historiker Johannes Preiser-Kapeller über Pegolotti, sein Bankhaus und die Dante-Anomalie, eine von Extremwetter gekennzeichnete Phase, die den Übergang zur Kleinen Eiszeit beschreibt.
„Die Überquerung des Styx“ von Jacob Isaacszoon van Swanenburgh (1571-1638). Van Swanenburgh war auf szenische Darstellungen der Hölle spezialisiert. Er konnte die Ideen dafür aus der Realität schöpfen: Im 14. Jahrhundert durchlebten Menschen die Hölle auf Erden mit Hagel, nicht enden wollendem Regen, Schlammfluten, Dürren und Heuschreckenplagen. Dante Alighieri hat jede einzelne Katastrophe in der Göttlichen Komödie beschrieben, bis auf die schlimmste: die Pest. Wie der Historiker Johannes Preiser-Kapeller in diesem Podcast erklärt, besiegelte die Kombination aus Klimawandel und Pandemie das Ende des Bankhauses von Francesco Balducci Pegolotti. © Getty Images

Im 14. Jahrhundert spinnen florentinische Banker ein Handelsnetz von Marokko bis Peking, das System übersteht sogar einen raschen Klimawandel. Doch dann bringt dieses Handelsnetz den Schwarzen Tod nach Europa. Hat sich der Banker Francesco Balducci Pegolotti, der mit dem Handel reich wurde, schuldig gemacht?

Urteilen Sie selbst: In der dritten Folge der Podcast-Reihe Wenn die Natur Geschichte schreibt stehen Ihnen neben dem Historiker Johannes Preiser-Kapeller der Astrophysiker Rainer Arlt vom Leibnitz-Institut für Astrophysik in Potsdam und der Geograf Ulf Büntgen von der Universität Cambridge mit Indizien und Belegen zur Verfügung.

Der Podcast über Francesco Balducci Pegolotti

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Sehr anschaulich.

Johannes Preiser-Kapeller über den 3. Kreis der Hölle in Dantes Göttliche Komödie.
Zeichnung aus dem Jahr 1613 von Galileo Galilei, der als einer der ersten Sonnenflecken beobachtete und dokumentierte. Das Bild ist Teil eines Beitrags über die Dante-Anomalie des 14. Jahrhunderts und den Banker Francesco Balducci Pegolotti mit dem Umwelthistoriker Johannes Preiser-Kapeller in der Reihe Wenn die Natur Geschichte schreibt. Die schwächere Sonnenaktivität des 14. Jahrhunderts, das so genannte Wolfminimum, erkennbar an wenigen Sonnenflecken, galt lange als Auslöser der Dante-Anomalie. Heute weiß man, dass das Wolfminimum den Übergang zur Kleinen Eiszeit lediglich markiert. Die Ursache waren Vulkanausbrüche. Einer der größten war der Ausbruch des Samalas auf der indonesischen Insel Lombok.
Sie waren es jedenfalls nicht: Sonnenflecken, hier in der Darstellung von Galileo Galilei 1613. Die schwächere Sonnenaktivität des 14. Jahrhunderts, das so genannte Wolfminimum, erkennbar an wenigen Sonnenflecken, galt lange als Auslöser der Dante-Anomalie und der dann folgenden Kleinen Eiszeit. Heute weiß man, dass das Wolfminimum den Übergang zur Kleinen Eiszeit lediglich markiert. Die Ursache waren unter anderem Vulkanausbrüche. Einer der größten war der Ausbruch des Samalas auf der indonesischen Insel Lombok. © Getty Images

Über Johannes Preiser-Kapeller

Der Byzantinist und Umwelthistoriker Johannes Preiser-Kapeller. Wenn die Natur Geschichte schreibt heißt der neue Podcast des Pragmaticus mit dem Althistoriker, in dem herausragende Zeiten der Menschheitsgeschichte als Zäsuren in Folge von mitunter plötzlichen natürlichen Veränderungen betrachtet werden, etwa die Pest bei Kaiser Justinian, die Besiedelung Grönlands unter dem Wikinger Erik der Rote, die Hochwässer des Gelben Flusses und die Geschäfte von Francesco Pegolotti.
Johannes Preiser-Kapeller. © Gregor Kuntscher

Johannes Preiser-Kapeller ist Byzantinist und Umwelthistoriker. Er leitet in der Abteilung Byzanzforschung am Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) den Forschungsbereich „Byzanz im Kontext“. Er ist Mitherausgeber des Jahrbuchs der Österreichischen Byzantinistik, der Reihe Studies in Global Migration History und Mitglied des Advisory Boards des Journal of Historical Network Research sowie der „Climate Change and History Research Initiative“ der Princeton University.

Preiser-Kapeller hat mehrere Bücher über die enge Verbundenheit von Natur- und Menschheitsgeschichte geschrieben, unter anderem die Titel Die erste Ernte und der große Hunger. Klima, Pandemien und der Wandel der Alten Welt bis 500 n. Chr. und Der Lange Sommer und die Kleine Eiszeit. Klima, Pandemien und der Wandel der Alten Welt von 500 bis 1500 n. Chr. Zuletzt erschien von ihm das Buch Byzanz. Das Neue Rom und die Welt des Mittelalters.

Der Podcast: Wenn die Natur Geschichte schreibt

In vier Folgen führt uns der Byzantinist und Umwelthistoriker Johannes Preiser-Kapeller durch die Hochs und Tiefs der Jahrhunderte, angefangen bei Kaiser Justinian und dem Schreckensjahr 536, über Erik den Roten, Grönland und afrikanische Elefanten; den Bankier Francesco Balducci Pegolotti, der im 14. Jahrhundert der einen Katastrophe entkam und eine andere beschleunigte, bis zu Hong Hao, einem mutigen Beamten, der vor 1.000 Jahren mit dem Hochwasser des Gelben Flusses und den Behörden kämpfte. Wenn die Natur Geschichte schreibt ist eine Podcast-Reihe über die Macht der Natur über den Menschen und die Macht des Menschen über die Natur.

Möchten Sie mehr hören? Sie finden alle bisherigen Podcasts hier.

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