10 Ideen für ökonomisch effizienten Klimaschutz
Klimapolitische Ideen gibt es wie Sand am Meer. Doch nicht jede ist gut. Geschweige denn ökonomisch sinnvoll. Hier sind zehn Ideen für effizienten Klimaschutz.

1. Emissionszertifikatehandel
Das ist der Dreh- und Angelpunkt: Indem wir das alte, fossile Verhalten verteuern, schaffen wir Anreize, in die neue, regenerative Welt hinüberzuwechseln. Wer CO2 emittieren will, muss dafür ein Zertifikat kaufen. Das kostet derzeit 75 Euro pro Tonne. Wer eine günstigere, CO2-freie Alternative findet, steigt um. Die Zertifikate sind streng limitiert; bis Mitte des Jahrhunderts werden sie vergriffen sein. Dann sind wir klimaneutral. Eine verwegene Idee, finden Sie? Das gibt es in der EU schon seit 2005. Wir müssen es nur politisch durchhalten, wenn die Zertifikate immer knapper und teurer werden.
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2. Nicht für dumm verkaufen lassen
Wenn Ihnen jemand erklären will, Emissionszertifikate seien ja nur so eine Art moderner Ablasshandel und außerdem könne ja niemand kontrollieren, ob die versprochenen Bäume im brasilianischen Regenwald am Ende wirklich gepflanzt würden, weisen Sie ihn freundlich darauf hin: Solche „Zertifikate“ gibt es zwar auch. Das ist aber ausdrücklich nicht gemeint, wenn Ökonomen von Emissionszertifikaten sprechen. Da geht es um freiwillige Kompensationsangebote, die Unternehmen gerne in Anspruch nehmen, um ihre Produkte als „klimaneutral“ bezeichnen zu dürfen. Die Sinnhaftigkeit vieler dieser Projekte darf wohl in der Tat bezweifelt werden.
3. Das System ausrollen
Wenn nur wir Idee 1 folgen, ist noch nichts gewonnen. Die ganze Welt muss mitmachen. Wir können sie überzeugen, indem wir Importgüter, deren Produktion in ihren Ursprungsländern keiner CO2-Bepreisung unterlegen ist, durch Zölle so verteuern, als hätten ihre Produzenten in der EU Emissionszertifikate kaufen müssen. Ausländische Regierungen müssen sich dann überlegen: Sollen ihre Exporteure Zölle an die reichen Europäer überweisen, oder ziehen sie lieber einen eigenen Emissionszertifikatehandel hoch? Die Chinesen und die Brasilianer haben sich für Letzteres entschieden. Sogar der argentinische Präsident Javier Milei hat schon damit geliebäugelt.
4. Nicht nerven!
Wenn Sie etwas fürs Klima tun wollen, dann tun Sie es! Aber hören Sie auf, über das Klima zu schwadronieren (auch: „raising awareness“) und mit dem Finger auf andere zu zeigen. Fluggastzahlen und SUV-Verkäufe eilen von einem Rekord zum nächsten. Sogar die Klimakleber fliegen nach Bali auf Urlaub. Diese Scheinheiligkeit ist kontraproduktiv. Die Moralkeule hat im klimapolitischen Werkzeugkasten nichts zu suchen.
5. Stromnetze ausbauen
Bleiben wir doch in Österreich: Unter Einsatz gewaltiger Fördermittel und unter dem Eindruck explodierender Strompreise haben die Erneuerbaren hierzulande in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Die Sonne schickt bekanntlich keine Rechnung; sie kümmert sich aber auch nicht darum, dass die Netze so ausgebaut werden, dass der viele erneuerbare Strom hineinpasst und dann auch wirklich auf den Stromrechnungen ankommt. Immer häufiger werden die Erneuerbaren einfach abgeklemmt, damit das Netz nicht kollabiert. Die lokalen Netzmonopolisten in Österreich haben wenig Interesse, daran etwas zu ändern. Sie stellen sich tot, wenn neue PV-Projekte Anschluss begehren. Die Regierung muss endlich die nötigen Gesetze (vor allem EABG und EIWG) – die sie schon seit Jahren versprochen hat – durch das Parlament peitschen.
6. Klimaklubs formen
Man muss aber natürlich nicht gleich die ganz dicken Bretter bohren. Der Ökonomie-Nobelpreisträger William Nordhaus hat schon vor langer Zeit vorgeschlagen, sogenannte Klimaklubs zu gründen: Länder mit ähnlichem Ambitionsniveau bilden eine Freihandelszone und lassen nur solche Länder mitmachen, die genauso sauber produzieren wie sie. Wenn der Klimaklub eine kritische Masse erreicht, dann muss auch China mitmachen.
7. Die Überheblichkeit ablegen
Apropos China: Der Energiehunger der Chinesen ist ungebremst; die Emissionen im Reich der Mitte steigen kräftig. Aber wer versorgt die Welt mit günstigen PV-Modulen und Elektroautos? Die kommunistische Partei hat das Ziel ausgegeben, bis 2060 klimaneutral zu werden. Die Partei beliebt nicht zu scherzen. Inzwischen haben die Chinesen das größte Emissionszertifikatehandelssystem der Welt etabliert. Die Abgasnorm China 6b ist in Teilen schon heute schärfer als Euro 7. Natürlich ist China kein Vorbild für uns; klimapolitisch nicht und in anderen Bereichen noch viel weniger. Aber gelegentlich sollten wir den Finger in unsere eigenen Lebenslügen legen, statt damit auf andere zu zeigen.
8. Ölscheichs an Bord holen
Groß war der Aufschrei, als die 28. Weltklimakonferenz in Dubai ausgerechnet von einem Ölmanager geleitet wurde. Man könnte aber auch fragen: Ja von wem denn auch sonst? Je aggressiver und schneller die Industrieländer aus dem Öl herauswollen, desto aggressiver und billiger wird die OPEC versuchen, ihr Öl schnell noch an den Mann zu bringen. Unter der Erde wird das Öl bald zum wertlosen „stranded asset“. Es muss aber unter der Erde bleiben, und zwar für immer! Ohne die OPEC am Tisch wird das nicht funktionieren.
9. International denken
Das schmutzigste Kraftwerk in Österreich ist immer noch sauberer als das sauberste Kraftwerk in vielen anderen Ländern. Mit einem verfügbaren Euro könnte man dort also viel mehr für das Weltklima bewirken als hierzulande. Schon im Kyoto-Protokoll war man sich dessen bewusst. Dort konnten Länder Emissionsreduktionen in anderen Ländern anstoßen und dann dem eigenen Budget anrechnen. Doch erst vor einigen Monaten wurde diese Logik auch in Artikel 6.4 des Paris Agreement abschließend operationalisiert. Es ist unverständlich, warum darauf kein größerer Fokus liegt. Es geht – einmal mehr – nicht um Ablasshandel; es ist ökonomisch absolut sinnvoll, die nächste Tonne CO2 dort zu vermeiden, wo das weltweit am billigsten möglich ist. Und das ist nun einmal selten in Österreich der Fall.
10. Förderungen einkassieren
Wenn es nicht gerade fürs Klima wäre, hätten wir die unsoziale Förderpraxis der letzten Jahre längst abgestellt: Wir subventionieren dem vermögenden Eigenheimbesitzer die PV-Anlage, damit er seine subventionierte Wärmepumpe betreiben und sein subventioniertes E-Auto laden kann. Den Mietern ruft er zu: „Danke für euer Geld und viel Spaß noch mit euren Stromrechnungen!“ Natürlich war es ganz am Anfang sinnvoll, etwas zu fördern, um die neuen Technologien sichtbarer zu machen, für Akzeptanz zu sorgen und Lernkurveneffekte zu erzeugen. Doch dass die massive Umverteilung von unten nach oben, die die Grünen daraus gemacht haben, nun weitgehend beendet ist, ist eine gute Sache. Das Geld ist woanders besser aufgehoben.