Klimarettung könnte so einfach sein
Nationale Maßnahmen innerhalb der EU verringern den globalen CO2-Ausstoß nicht. Wie eine wirksame und effiziente europäische Klimapolitik aussehen müsste.

Auf den Punkt gebracht
- Kostenignoranz. Nationale Klimapolitik vernachlässigt die effiziente Nutzung von Ressourcen zur CO2-Reduktion, was zu hohen Lasten für Bürger führt.
- Globale Koordination. Klimapolitik muss international abgestimmt werden, da nationale Maßnahmen oft keine globalen Emissionsreduktionen bewirken.
- Emissionshandel als Lösung. Der europäische Emissionshandel zeigt Erfolge und könnte durch umfassende Implementierung in allen Sektoren die Klimapolitik effizienter gestalten.
- Alternative Ansätze. Eine europäisch fokussierte Klimapolitik ohne nationale Subventionen könnte die Freiheit der Bürger wahren und gleichzeitig wirksam sein.
Jeder von uns betreibt Klimapolitik, ob er will oder nicht. Gleichgültig, ob man ein Auto kauft, tankt, heizt, einkauft, ein Haus baut oder kocht – die Klimapolitik ist immer dabei. Manche Güter hat sie verteuert, andere werden gefördert, manche Produkte sind nur noch geduldet, andere werden dringend empfohlen. Klimapolitik besteht überwiegend darin, den Menschen vorzuschreiben, wie sie CO2 einzusparen haben. Durch den Kauf energieeffizienter Kühlschränke, durch die Verwendung erneuerbarer Energien, durch den Verzicht auf Gas- und Kohleheizungen oder durch das Fahren eines E-Autos, um nur einige Beispiele zu nennen.
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Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum es angesichts dieser massiven Interventionen des Staates und der EU trotzdem ausschließlich schlechte Nachrichten gibt, wenn es um den Zustand des Klimas geht? Erfolgsmeldungen sind äußerst rar, wenn man davon absieht, dass die meisten Politiker den Bau jedes Windrades als Erfolg feiern.
Aber das Ziel von Klimapolitik ist ja nicht, die Anzahl der Windkraftanlagen und Solardächer zu maximieren, sondern die CO2-Emissionen zu senken, um dadurch das Klima zu stabilisieren. Im Hinblick auf dieses entscheidende Ziel hören wir deshalb nichts von Erfolgen, weil es keine gibt. Die globalen CO2-Emissionen steigen, Paris-Abkommen hin und EU-Green Deal her. Nichts wirkt.
Woran liegt das? Und gibt es vielleicht eine bessere Alternative zur oft planwirtschaftlichen Politik in vielen europäischen Ländern, allen voran in Deutschland, die offenkundig erfolglos ist? Beginnen wir mit der ersten Frage.
Gründe für das Scheitern
Die Ursachen für die Erfolglosigkeit der Klimapolitik lassen sich am besten an den Bemühungen in Deutschland verdeutlichen, die allein schon deshalb über Deutschland hinaus Bedeutung haben, weil die Regierung explizit anstrebt, für andere Länder beispielgebend zu sein. Obwohl die Politik in Österreich keine Kopie der deutschen ist, lassen sich die wichtigsten Erkenntnisse dennoch übertragen. Erkennbar sind vor allem drei grundlegende Fehler:
Erstens ignoriert die Klimapolitik die Kosten der CO2-Vermeidung vollständig. Das ist fatal, denn damit ist eine kosteneffiziente CO2-Reduktion ausgeschlossen. Kosteneffizienz bedeutet, dass mit den eingesetzten Ressourcen ein Maximum an CO2-Vermeidung erreicht werden kann. Das ist eigentlich unverzichtbar, weil Klimapolitik nun einmal zwei Seiten hat. Außer dem Effekt auf die Erderwärmung verursacht sie auch erhebliche Lasten, die den Menschen auferlegt werden. Diese gilt es zu berücksichtigen, und die politische Aufgabe bestünde eigentlich darin, Klimaschutz so zu organisieren, dass die dabei anfallenden Lasten möglichst gering ausfallen. Wenn man die Kosten ignoriert, ist das nicht möglich.
Zweitens wird in Deutschland Klimapolitik als eine rein nationale Aufgabe verstanden. Man glaubt, man müsse ein gutes Beispiel abgeben, dem andere dann nacheifern können. Doch wie jeder weiß, ist das Problem globaler Natur und kann deshalb auch nur durch abgestimmtes Verhalten vieler Länder gelöst werden.
Drittens ignoriert die Bundesregierung das Zusammenspiel ihrer Maßnahmen mit den Instrumenten der EU. Welche Effekte das hat, sei an einem Beispiel erklärt: Stellen wir uns eine Familie vor, die ein Einfamilienhaus besitzt. Elektrischen Strom bezieht sie aus einem Gaskraftwerk. Jetzt beschließt man, eine vom Staat geförderte Solaranlage zu installieren und produziert damit den eigenen Strom komplett selbst.
Was bedeutet das für die globalen CO2-Emissionen? Das deutsche Gaskraftwerk spart CO2 ein, weil es etwas weniger Strom produzieren muss. Allerdings unterliegt das Kraftwerk dem europäischen Emissionshandel (ETS – Emission Trading System) und benötigt deshalb Emissionsrechte, wenn es CO2 freisetzt. Die Anzahl dieser Rechte ist durch die EU begrenzt, so dass im ETS-Sektor der EU nur noch so viele Tonnen CO2 emittiert werden können, wie Rechte ausgegeben wurden. Diese Rechte sind handelbar, es gibt einen Markt dafür. Das Gaskraftwerk wird deshalb die nicht mehr benötigten Rechte verkaufen, was zur Folge hat, dass die Emission beim Käufer stattfindet. Sie wird also nicht eingespart, sondern lediglich an einen anderen Ort verschoben.
Aber dabei bleibt es nicht. Die Solarpanele für das Einfamilienhaus stammen aus Asien, wurden also außerhalb des ETS-Sektors produziert. Die erheblichen CO2-Emissionen, die dabei entstehen, werden durch die deutsche Familie verursacht, die sich das Solardach gegönnt hat, und führen dazu, dass die globalen Emissionen steigen. Wer hätte das gedacht!
Wir müssen europäisch denken
Wenn sich ein Land einem Emissionshandelssystem angeschlossen hat, sind alle nationalen Klimamaßnahmen wirkungslos. Der Bau von Windkraftanlagen ebenso wie regulatorische Maßnahmen, die den Stromverbrauch senken. Deshalb muss Klimapolitik prinzipiell international – und das heißt für uns: europäisch – gedacht werden. Allerdings darf man auch davon zunächst nicht zu viel erwarten. Ein Blick auf die weltweite Rohölproduktion zeigt, dass diese genauso steigt wie die globalen Emissionen. Das Öl, das Europa nicht verbrennt, wird eben woanders verwendet.
Im Ergebnis ergibt das ein ziemlich desaströses Bild: Nationale Klimapolitik bürdet den Menschen erhebliche Lasten auf, greift tief in ihre individuellen Freiheitsrechte ein und hat keinerlei Wirkung auf die globalen Emissionen. Europäische Klimapolitik ist besser, hat aber global ebenfalls kaum Wirkung, wenn es nicht gelingt, die großen Länder außerhalb Europas zum Mitmachen zu bewegen.
Wenn der Emissionshandel funktioniert, dann gibt es keinen Grund mehr, den Bau von Windrädern oder Solaranlagen zu subventionieren.
Innerhalb Europas gibt es durchaus Erfolge. Die EU hat gegenüber 1990 die CO2-Emissionen um etwa 25 Prozent reduziert. Zu verdanken ist das vor allem dem Emissionshandel, der sich als ein extrem erfolgreiches Instrument erweist. Er bietet sichere Vermeidung zu sehr geringen Lasten für die Bevölkerung. Über diese Erfolge wird allerdings ungern berichtet, weil sie den nationalen Bemühungen zuwiderlaufen.
Wenn der Emissionshandel funktioniert, dann gibt es keinen Grund mehr, den Bau von Windrädern oder Solaranlagen zu subventionieren. Dann reicht es, wenn die EU vorgibt, wieviel CO2 noch emittiert werden darf – und alles andere erledigt der Markt. Die Erfolge, die die EU mit dem marktwirtschaftlichen Teil ihrer Klimapolitik erreicht hat, sind nicht zu bestreiten, werden aber global überkompensiert und national von der kleinteiligen, ineffizienten und freiheitsbeschränkenden Klimapolitik überdeckt.
Eine alternative Klimapolitik
Was tun? Gibt es eine alternative Klimapolitik, die wirkt und trotzdem darauf verzichtet, den Menschen extreme Lasten aufzuerlegen? Ja, die gibt es. Kurz zusammengefasst besteht sie darin, nationale Anstrengungen zur CO2-Reduktion in Europa komplett einzustellen und stattdessen auf einen umfassenden europäischen Emissionshandel zu setzen, der alle Sektoren umfasst. Dabei ist wichtig, dass die Emissionen nicht auf absolut Null reduziert werden dürfen, denn das würde gigantische Kosten verursachen und den Emissionshandel sinnlos machen. Zum Glück gibt es die globalen CO2-Senken, die uns ein stattliches Restbudget an CO2-Emissionen erlauben.
Die zum Teil vermutlich höheren CO2-Preise, die die Europäer zu zahlen hätten, wären angesichts der enormen Entlastungen, die der Verzicht auf nationale Politik bringt, leicht zu tragen. Gegenwärtig machen wir eine extrem ineffiziente Klimapolitik. Die Bürger Europas, vor allem die Deutschen, zahlen für jede eingesparte Tonne CO2 einen viel zu hohen Preis.
Steuerfinanzierte Subventionen
Ändern wir das zugunsten einer kosteneffizienten Politik, kann die gleiche Wirkung zu einem Bruchteil der Kosten realisiert werden, und es entstehen Spielräume für massive Entlastungen der Bürger. Weniger Steuern, weniger Abgaben, weniger Vorschriften, keine Anklagen wegen klimafeindlichen Verhaltens.
Der Mechanismus, der all das ermöglicht, ist einfach: Der Emissionshandel gibt uns ein Restbudget der noch verfügbaren CO2-Emissionen vor. Wer darauf zugreifen möchte, muss entsprechende Emissionsrechte erwerben. Den Preis, den er dafür bezahlt, bestimmt der Markt. Er entspricht den Kosten, die dort, wo die Vermeidung am kostengünstigsten ist, entstehen, um die CO2-Menge, die man in Anspruch nimmt, einzusparen. Sie fliegen nach Mallorca? Kein Problem, denn Sie zahlen dafür, dass andere Ihr dafür eingesetztes CO2 einsparen.
Stellen wir uns vor, Europa würde ein Kontinent, der systematisch und planbar seine CO2-Emissionen zurückfährt, ohne den Menschen ihre Freiheit zu nehmen und ohne sie zu überfordern. Wir hätten erfolgreiche Klimapolitik zu bezahlbaren Kosten. So wäre die EU tatsächlich ein Vorbild für den Rest der Welt und nicht länger ein abschreckendes Beispiel – als das vor allem Deutschland derzeit gilt.
Um daraus ein global abgestimmtes Verhalten zu machen, das auch die globalen Emissionen senkt, müsste die EU andere Länder dazu bringen, sich dem Emissionshandel anzuschließen. Je besser das europäische System funktioniert, umso niedriger sind die CO2-Preise, die es generiert. Und umso größer ist die Chance, dass es zu einem stetig wachsenden ETS kommt.
Conclusio
Europa. Die deutsche Energiewende ignoriert Kosten, das Zusammenwirken mit europäischen Maßnahmen und betrachtet Klimapolitik als nationale Aufgabe. Das ist kein Vorbild, sondern ein abschreckendes Beispiel.
Klimapolitik. Der marktwirtschaftliche Teil der europäischen Klimapolitik ist erfolgreich. Alle nationalen Maßnahmen sollten durch ein europäisches Emissionshandelssystem ersetzt werden, das sämtliche Sektoren umfasst.
Global. Auch große Emittenten wie China und Indien haben ein vitales Interesse an einer gelingenden Klimapolitik. Wenn das europäische System Wachstum und Wohlstand sichert, werden sich ihm weitere Länder anschließen.