Österreichs Corona-Bilanz in 7 Grafiken
Fünf Jahre nach dem Ausbruch der Pandemie fällt die Corona-Bilanz für Österreich ernüchternd aus. Ein Länder-Vergleich in sieben Grafiken.

In Österreich ist es gelungen, den Kollaps des Gesundheitssystems während der Corona-Pandemie zu vermeiden. Die Politik musste in einer neuartigen Situation viele schwierige Entscheidungen treffen. Fünf Jahre nach dem Ausbruch und knapp zwei Jahre nach dem Ende der Pandemie zeigen die Zahlen ein deutliches Bild: Andere Länder wie Schweden und die Schweiz sind deutlich besser durch die Krise gekommen.
1. Hohe Sterblichkeit
Die Auswirkungen der Pandemie zeigen sich am deutlichsten in der Übersterblichkeit – also wie viele Menschen mehr verstorben sind als in normalen Jahren zu erwarten gewesen wäre. Diese Kennzahl gilt unter Experten als verlässlichster Gradmesser, da sie unabhängig von unterschiedlichen Teststrategien oder Erfassungsmethoden ist. Trotz harter Lockdowns und Massentests verzeichnete Österreich eine höhere Übersterblichkeit als Schweden, das weitgehend auf Zwangsmaßnahmen verzichtete, oder die Schweiz mit ihrem flexibleren Ansatz.
2. Über die Stränge?
Den Lockdown gab es als Begriff früher nur für Gefängnisse. Während der Pandemie machten etliche Staaten dicht, nicht nur nach außen, sondern auch für die eigenen Bürger. Der Stringency Index, entwickelt von der Universität Oxford, misst die Strenge dieser Maßnahmen auf einer Skala von 0 bis 100 – je höher der Wert, desto strenger die Einschränkungen.
Dabei werden verschiedene Faktoren wie Schulschließungen, Arbeitsplatzeinschränkungen, Reiseverbote und Kontaktbeschränkungen berücksichtigt. Österreich verfolgte dabei einen deutlich restriktiveren Ansatz als Schweden, wo es keine Lockdowns, keine Schulschließungen für Unterstufen und auch keine Maskenpflicht oder Impf-Zertifikate gab.
3. Teure Teststrategie
Während der Pandemie etablierte sich Österreich als selbsternannter „Testweltmeister“. Mit der Strategie der massenhaften kostenlosen Tests folgte das Land zwar dem WHO-Grundsatz „Testen, testen, testen“ – allerdings mit fragwürdigem Erfolg. Die großzügige Gratis-Teststrategie schlug mit über fünf Milliarden Euro zu Buche, wie der Rechnungshof feststellte. Bemerkenswert ist, dass trotz – oder gerade wegen – der immensen Testzahlen die Infektionszahlen zeitweise zu den höchsten in Europa gehörten.
Einige Mediziner kritisierten bereits im ersten Pandemiejahr, dass das extensive Testen asymptomatischer Personen wenig zum Pandemie-Management beitrug und die hohen Kosten in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen standen.
4. Schuldenberg
Die Corona-Pandemie trieb die Staatsschulden in Österreich besonders stark in die Höhe – deutlich stärker als etwa im lockdownfreien Schweden. Während die österreichische Schuldenquote von rund 70 auf über 83 Prozent des BIP kletterte, kam Schweden mit einem moderaten Anstieg von 36 auf 40 Prozent des BIP davon.
Der Hauptgrund für Österreichs Schuldensprung: Die Regierung öffnete die Geldschleusen weit, um die Folgen der strengen Lockdowns abzufedern. Allein die Kurzarbeit verschlang rund zehn Milliarden Euro, der üppige Umsatzersatz, bei dem geschlossene Betriebe bis zu 80 Prozent ihrer üblichen Einnahmen ersetzt bekamen, belief sich auf knapp zwölf Milliarden Euro. Auch der „Härtefallfonds“ für Selbstständige und die kostenlosen Massentests (siehe oben) schlugen kräftig zu Buche.
5. Spaltpilz Impfung
Letztlich wurden quer durch Europa hohe Impfraten gegen Covid-19 erreicht. Sowohl in Schweden als auch in Österreich haben sich drei Viertel der Bevölkerung impfen lassen. Allerdings gab es im skandinavischen Land nur eine dringende Empfehlung, sich impfen zu lassen. In Österreich wurden dagegen Zertifikate eingeführt, die Geimpften – sowie Genesenen und Getesteten (3G-Regel) – Zugang zu Verkehrsmitteln, Handel, Veranstaltungen und dem Arbeitsplatz etc. erlaubten.
Letztlich hat die Regierung auch einen verlängerten Lockdown nur für Ungeimpfte implementiert, sowie eine Impfpflicht verabschiedet, jedoch nie umgesetzt. Wie die aktuelle Pragmaticus-Umfrage zeigt, hat die Corona-Politik die Gesellschaft in Österreich stark gespalten. Wie Schwedens damaliger Chefepidemiologe Anders Tegnell berichtet, blieb seinem Land eine Kontroverse rund um die Impfung erspart.
6. Mobilität
Die Menschen in den skandinavischen Staaten haben ihr Verhalten während der Pandemie überraschend ähnlich angepasst, wie eine Studie ergab: In allen untersuchten nordischen Ländern ging die Mobilität stark zurück – und das, obwohl die offiziellen Corona-Maßnahmen von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfielen. In einem Vergleich von 17 Ländern sticht Schweden heraus: während der Lockdown-Phasen – die in Schweden nur in Form von Empfehlungen stattfanden – verbrachten die Bürger um 40 Prozent mehr Zeit in Parks – in den meisten Vergleichsländern hielten sich die Bürger sogar weniger in den Parkanlagen auf.
Offenbar verlegte man im skandinavischen Land das soziale Leben freiwillig mehr ins Freie, obwohl es erlaubt war, sich in Bars oder Zuhause mit Freunden und Familie zu treffen. Im Vergleich der ersten Monate der Pandemie zeigt sich, dass die Schweden auch ohne Lockdown ihre Mobilität deutlich einschränkten, jedoch weniger stark als die Österreicher, die strikten Ausgangssperren unterzogen waren.
7. Home sweet Homeoffice
Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, warum die Schweden ohne strikte Lockdowns, Massentests und Maskenpflicht glimpflicher durch die Pandemie kamen als vergleichbare Länder wie Österreich, die das volle Maßnahmenprogramm aufboten. Die Corona-Zeit hat überall zu einem nachhaltigen Anstieg von Homeoffice geführt. Ein interessanter Unterschied zu Schweden ist jedoch die Verbreitung der Heimarbeit bereits vor der Pandemie: Mehr als ein Drittel der schwedischen Erwerbstätigen hat 2019 immer oder manchmal von zu Hause aus gearbeitet.
In Österreich waren 16 Prozent der Erwerbstätigen bereits Homeoffice gewohnt. Vielen Schweden fiel es somit leichter, ihre persönlichen Arbeitskontakte zu reduzieren. Mehr Unternehmen waren außerdem bereits gewohnt, Kollegen aus dem Homeoffice im Arbeitsprozess zu integrieren.
Corona-Bilanz
Für die nächste Pandemie könnten die Bedingungen ganz andere sein. Dennoch sind die Lehren aus den Corona-Jahren wertvoll, um Fehler zu vermeiden. Die Langzeit-Folgen reichen von Vertrauensverlusten über Bildungsdefizite und psychischen Problemen, insbesondere bei Jugendlichen, bis hin zu einer Budget-Krise, die Investitionen in die Zukunft erschweren. Länder wie Schweden haben ohne schwere Eingriffe in die Freiheit der Bürger eine geringere Übersterblichkeit vorzuweisen. In unserem Dossier zur Corona-Politik lesen Sie, was die Politik fürs nächste Mal lernen kann.
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