Salz, Ursprung von fast Allem
Dem Salz hat die Welt Handelswege, Steuern, Zölle, Gewerkschaften, Technologien und mächtige Metaphern zu verdanken. Ein machtHunger als Hommage.
Nach diesem Podcast weiß man, warum „Salz“ eine so gewaltige metaphorische Kraft hat, vergleichbar dem Wort „Licht“. „Ohne Salz können Menschen nicht überleben“, so Gastrosoph Peter Peter, der dem einstigen weißen Gold in dieser Episode von machtHunger geradezu ein Denkmal setzt.
Der Podcast über Salz
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Auch Speiseeis verdanken wir letztlich dem Salz.
Das Wort Salz stammt vermutlich aus dem indogermanischen – sal. Es bedeutet „das Schmutzig-Graue“. Dieses „Schmutzig-Graue“ ist für den Zellstoffwechsel überlebenswichtig. Tatsächlich braucht ein Mensch im Jahr mehrere Kilogramm davon.
Stoffwechsel des Planeten
Ebenso bedeutsam ist das Schmutzig-graue für den planetarischen Stoffwechsel, denn neben der Temperatur ist der Salzgehalt der Ozeane der entscheidende Motor, der Nährstoffe und Wärme aus dem Süden in den Norden transportiert. Ohne Salz kein Leben im Norden, könnte man sagen.
Frühe Zentren des Handels und frühe Handelsknotenpunkte entstanden, weil es mit der Erfindung der Landwirtschaft beziehungsweise der Sesshaftwerdung des Menschen, notwendig wurde, Salz abzubauen. Die These ist, dass Jäger- und Sammlergesellschaften ausreichend davon zu sich nahmen – über das Fleisch, aber auch durch gesammelte Früchte und Gräser.
Die ersten Siedlungen und Handelswege entstanden dort, wo es Salz gibt – bei Salinen am Meer oder bei Salzbergwerken. „Der britische und skandinavische Raum waren auf Importe angewiesen“, so Peter Peter, obschon es – etwa in Suffolk – auch in der Steinzeit bereits Salzgewinnung in England und den Handel damit gab. Röstereien und sogenannte Salzpfannen findet man in Bulgarien bereits um 5.000 vor Christus, ebenso Salinen in Frankreich. So vermutet man dass der Abbau und Handel mit dem kostbaren Mineral durch Einwanderer aus Frankreich etabliert wurde.
Soziale Innovationen
Bergwerke und Salinen brachten neue Technologien mit sich, neue Arten, Speisen zuzubereiten und haltbar zu machen. Die Möglichkeit der Konservierung (suren, pökeln, Laken) wiederum erweiterte den Handlungsspielraum des Menschen – Expeditionen, Migration, die „Entdeckung“ Amerikas, die globalen Handelsströme: Nichts davon gäbe es ohne das Salz. Eis im Übrigen auch nicht, zumindest nicht als Massenprodukt, denn man entdeckte bald, dass das Schmutzig-graue die Temperatur von Wasser senkt.
Die mineralischen Verbindungen stehen auch am Ursprung von sozialen Innovationen. Zum einen die Arbeitsteilung: Der Abbau, die Verarbeitung und der Handel etablieren sich früh im Übergang zum Neolithikum als abgegrenzte Bereiche. Die unterschiedlichen Tätigkeiten und die Arbeitsteilung verbanden Menschen über die unmittelbare Gruppe hinaus. Es ist der Ursprung von Globalisierung.
Reichtum der Städte
Die Entstehung der Städte und ihr Reichtum ist ebenso undenkbar ohne das weiße Gold: Salzpfannen etwa riesige Gefäße zum Rösten oder zur Sonnentrocknung sowie die Siedereien erlaubten den Städten die Erhebung von Abgaben, die wiederum zum Wachstum und Ausbau der Städte und Handelsbeziehungen beitrugen. „Auch Rom ist an Kreuzung Salzstraße mit Tiber entstanden.“
Eine weitere soziale Innovation sind Zölle, Steuern und Abgaben, die Schaffung von quasi-staatlichen Strukturen und Verwaltungsinstitutionen wie eigenen Ämtern, die mit dem Mineral einhergingen. Ebenso die Gewerkschaften: Begriff und Institution entstanden im 16. Jahrhundert als Versicherung und Gemeinschaft der Bergleute.
Die Saliera
Am 11. Mai 2003 wurde die Saliera aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien gestohlen. Die (einzige erhaltene) Goldschmiedearbeit von Benvenuto Cellini aus dem 16. Jahrhundert zeigt Neptun, den Gott des Meeres, und Tellus, die römische Göttin der Erde. Es gibt zwei Gefäße in dieser Arbeit, ein Fässchen für Salz und eines für Pfeffer. Der Diebstahl ereignete sich ähnlich wie in dem Film How to Steal a Million von William Wyler, sagt Peter Peter: Die Einbrecher lösen so oft einen Alarm aus, bis die Nachtwächter diesen genervt abstellen.
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Diese Episode über das Salz ist die fünfte Episode der zweiten Staffel unseres Podcast macht Hunger mit dem Gastrosophen Peter Peter. In unserer Podcastreihe macht Hunger geht es um die Kulturgeschichte des Essens und alle wirtschaftlichen Verstrickungen und politischen Machtspiele, die mit dem Essen und mit kulinarischen Traditionen verbunden sind.
Podcast machthunger – alle Folgen
Die erste Staffel mit der ersten Folge über die Macht der Nationalgerichte können Sie hier nachhören, die zweite Folge über französischen Küchendrill hier, die dritte Folge über die klassenlose italienische Küche hier, die Folge Nummer vier mit den unwissenden Wienern und dem Wiener Schnitzel hier,
Folge Nummer fünf über die Welterweiterung durch die Imbissbude hier, die Folge über die Ambivalenz des Zuckers hier, jene über die Küche des Warschauer Pakts hier, die Episode über das Fleisch hier, die erste Folge der zweiten Staffel über die Muskatnuss hier, die Folge mit dem Besteck (Tischmanieren) finden sie hier, die Episode über die Macht der Kartoffel können Sie hier hören jenen über die Ohnmacht bei Alkohol hier und das weitere Programm von macht Hunger nach dem Salz finden Sie hier:
Zahlen & Fakten
macht Hunger – Ihr Progamm bis Anfang April
5. März >> Igitt! Der Ekel gehört zum Essen wie das Salz in die Suppe. Aber wieviel Ekel ist bei Tisch erlaubt, und warum graust es uns vor dem einen Gericht, vor anderen aber nicht? Darf man Ekel bei Tisch überhaupt kundtun? Der machtHunger über den Ekel ist wohl einer der schwierigsten, denn Ekel kann man nicht steuern, wir hoffen doch, Sie bleiben auch bei dieser Episode dran.
19. März >> Tea Time. Die meisten Menschen außerhalb Großbritanniens verwechseln Afternoon Tea und High Tea. Letzteres klingt nach Upper Class, ist aber Tee mit herzhaften Gerichten serviert an der Bar oder einem hohen Tisch, den man sich mit anderen Gästen teilt – das Gegenteil mancher Afternoon Tea. Scheinbar, denn diese werden aber auch quer durch alle sozialen Schichten konsumiert (auch wenn Großbritannien eine durch Klassen definierte Gesellschaft ist wie kaum eine zweite, wie George Orwell bemerkte. In dieser Folge von machtHunger geht es auch um Klassen, aber nicht nur. Wir gehen an die Ursprünge des Tees und die Handelsstreits, die er auslöste.
2. April >> Voll Fett. Ostern ist da, die katholische Fastenzeit vorbei Katholiken dürfen wieder völlern. In dieser April-Folge von machtHunger geht es um Fett. Die Dämonisierung von Fett als Dickmacher ist nämlich noch recht jungen Datums, und der Ernährungsexperte Tim Spector hat uns gleich in zwei Interviews erklärt, dass es nicht auf die Kalorien ankommt (es sei denn, sie stammen aus raffiniertem Zucker), und hat damit das Lebensmittel mit der höchsten Energiedichte vom Haken gelassen. Öl und Fett sind gesund. Dieser machtHunger wird sich nicht mit Nährwerten aufhalten, sondern sich mit der Geschichte des Fetts befassen.
Über Peter Peter
Der Kulturwissenschaftler Peter Peter ist in der bayerischen Hauptstadt München aufgewachsen, hat in Klassischer Philologie promoviert und ist Autor zahlreicher Bücher über das Reisen und die Kochkulturen dieser Welt (unter anderem verfasste er auch eine Kulturgeschichte des Schnitzels bzw. der österreichischem Küche). Er lehrte an der von Slow Food gegründeten Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo und Colorno. Seit 2009 lehrt er für den Masterstudiengang des Zentrums für Gastrosophie der Universität Salzburg das Modul „Weltküchen und Kochsysteme“ und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik.
macht Hunger Staffel I
Genüsse jenseits des Fleisches
Die Küche des Warschauer Pakts
Bei aller Süße …
Die fabelhafte Welt der Imbissbuden
Das Schnitzel als Fremdzuschreibung
Als die Pizza Chicago nach Würzburg holte
Frankreich: Kochen mit Disziplin
Die sanfte Macht der Nationalgerichte
machtHunger Staffel II
Alkohol – Geschichte einer rosaroten Brille
Im Mittelalter trank man, um gesund zu bleiben, später trank man, um zu vergessen, heute ist Abstinenz en vogue. Ein Podcast über Alkohol und seine Geschichte.