Die Rückkehr der Natur
Menschliches Leben im ökologischen Gleichgewicht ist möglich. Leicht wird die Umstellung nicht. Aber immerhin wissen wir, wie wir den Erhalt verschiedener Ökosysteme erreichen könnten.
Auf den Punkt gebracht
- Schwierige Ausgangslage. Bevölkerungswachstum und Konsumverhalten befeuern den Klimawandel. Ohne Kursänderung droht der Kollaps ganzer Ökosysteme.
- Bekannte Stellschrauben. Bildung und Bewusstseinsbildung und die effizientere Nutzung vorhandener Ressourcen – etwa von Ackerland – können viel bewirken.
- Erste Erfolge. Schutzprogramme führen mitunter rasch zur Erholung von Wildtier- und Fischbeständen.
- Rosige Zukunft. Die Menschheit kann es schaffen, im Einklang mit der Natur zu leben. Schließlich sind wir ja lernfähig.
Wenn sich die Trends der vergangenen Jahrzehnte fortsetzen, werden bis 2074 rund 300.000 Tier- und Pflanzenarten ausgestorben sein. Andere Arten werden in so geringer Zahl überlebt haben, dass sie in ihren Ökosystemen keine Funktion mehr werden erfüllen können. Sie werden wie Gespenster aus der Vergangenheit in der Landschaft herumstehen. All dies wird zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme führen, die dann auch für uns Menschen keine Leistungen mehr erbringen können.
Mehr im Dossier „Die Welt in 50 Jahren“
Aber immerhin wissen wir, was wir tun müssen, um in fünfzig Jahren in einer Welt im Gleichgewicht zu leben. Die ersten Schritte sind in Europa schon gelungen: Wölfe, Luchse und Gänsegeier erleben ihr Comeback. Sogar in Luxemburg gibt es wieder Wölfe!
Um solche Erfolge weltweit zu vollbringen, müssen wir aufhören, Wildnisgebiete abzuholzen oder in Ackerland zu verwandeln. Dazu müssen wir das in Teilen der Welt immer noch dramatische Bevölkerungswachstum bremsen.
Der Schlüssel dazu liegt in der Stärkung der Rolle der Frau durch Bildung. Wir müssen auch unseren Konsum ändern. Im Jahr 2074 wird die tägliche Portion rotes Fleisch der Vergangenheit angehören. Und wir müssen das Potenzial der Technologie in der Landwirtschaft nutzen, damit die verfügbaren Flächen mehr Ertrag bringen, ohne die Umwelt zu schädigen. Und unsere Forste sollten wir zu biodiversen, robusten Wäldern umbauen.
Die Kombination dieser Maßnahmen kann den Verlust von Lebensräumen in den nächsten zwanzig Jahren umkehren. Doch ab 2050 werden – so die derzeitigen Szenarien – die Folgen des Klimawandels viele dieser Erfolge zunichtemachen. Wir müssen daher die Treibhausgasemissionen schneller und stärker reduzieren als bisher.
Schutz für die Fische für ein gesundes Ökosystem
Auch in den Meeren könnten wir bis 2074 den Artenschwund stoppen – durch Zonen, in denen nicht gefischt werden darf. Hier können sich wichtige Arten vermehren und dann die umliegenden Gewässer wieder besiedeln. Die EU arbeitet daran, bis zum Ende des Jahrzehnts 30 Prozent ihrer Meeresfläche unter Schutz zu stellen.
Zahlen & Fakten
Eine wichtige Ursache für den Artenverlust ist der Transport von Tieren über den gesamten Globus. Ich bin Portugiese. Menschen aus meinem Heimatland verschleppten im 15. und 16. Jahrhundert europäische Tiere und Pflanzen in alle Ecken der Erde, wo diese Eindringlinge ganze Ökosysteme auf den Kopf stellten.
Zuletzt wurden bei diesem Thema aber große Fortschritte erzielt: So wird etwa das Ballastwasser, das große Schiffe in einem Hafen aufnehmen, erst behandelt, bevor es woanders wieder ausgepumpt wird. Dadurch gelangen weniger Meereslebewesen in fremde Lebensräume.
Hoffen auf den Verstand
Wir Menschen sind also lernfähig. Das zeigt auch das Beispiel der Stadt Leipzig, in der ich lebe und arbeite: Die Menschen erzählen mir, dass die Luft hier bis in die 1990er-Jahre durch den Kohleabbau extrem schmutzig war. Heute spüre ich davon nichts mehr.
Solche Entwicklungen stimmen mich zuversichtlich, dass wir es schaffen, bis 2074 in einer Welt im Gleichgewicht zu leben. Einer Welt mit renaturierten Landstrichen, in welche die Tierwelt zurückkehrt und durch die frei fließende Flüsse strömen. Die Menschen werden hier ihre alte Beziehung zu ihrer natürlichen Umgebung wiederentdecken.