Welche Jobs wird es noch geben?

Im Jahr 2074 wird Arbeit zwar nicht verschwunden sein, aber ganz anders aussehen als heute. Für die Frage „Was machst du beruflich?“ werden wir einen Ersatz brauchen.

• Bereits heute kommt KI bei der Erforschung neuer Medikamente zum Einsatz. Ein KI-gesteuertes Roboterlabor in der Forschungseinrichtung von Insilico Medicine in Suzhou, China. Das Bild illustriert einen Artikel über die Zukunft der Arbeit.
Bereits heute kommt KI bei der Erforschung neuer Medikamente zum Einsatz. Hier ein KI-gesteuertes Roboterlabor in der Forschungseinrichtung von Insilico Medicine in Suzhou, China. © Getty Images
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Auf den Punkt gebracht

  • Immer noch arbeiten. Auch wenn Roboter uns vieles abnehmen – wir werden weiterhin arbeiten müssen.
  • Fehlendes Vertrauen. Auch, weil wir Robotern vieles nicht zutrauen (wollen) – wir bestehen zum Beispiel auf menschlichen Ärzten.
  • Freizeit-Boom. Unser Terminkalender wird weiterhin voll sein – das Stichwort lautet Freizeitstress.
  • Andere Gesellschaft. Arbeit wird jedenfalls weniger bedeutend sein – und damit auch die Frage, was man beruflich macht.

Viel mehr als die Frage, wie wir im Jahr 2074 arbeiten werden, interessiert die Menschen, ob wir überhaupt noch arbeiten werden. Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts versprach der britische Ökonom John M. Keynes eine Zukunft, in der die Menschen vor allem Freizeit haben würden, weil Maschinen die meiste Arbeit erledigen würden. Damals gab es Roboter und andere Formen der künstlichen Intelligenz noch gar nicht, die es ermöglichten, Züge ohne Fahrer zu betreiben und Containerschiffe zu be- und entladen. Letzteres wird es 2074 in Hülle und Fülle geben.

Die menschliche Arbeit wird jedoch nicht ganz verschwunden sein. Erstens erweisen sich einige menschliche Tätigkeiten als viel zu schwierig, um sie durch KI zu ersetzen. Denken Sie zum Beispiel an den Aufwand, den es gekostet hat, einen Roboter zu bauen, der einen Ball fangen kann. Zweitens stellt sich die Frage, ob wir überhaupt jede menschliche Arbeit durch Technologie ersetzen wollen.

Arbeit ist, was der Roboter nicht kann

In den vergangenen Jahrzehnten erlebten wir einen enormen Aufschwung in der sogenannten Freizeitindustrie. Zum Teil geht es dabei um zwischenmenschlichen Kontakt; Menschen wollen von einem anderen Menschen angesprochen, bedient und betreut werden. Eine Maschine wäre dafür wohl kein Ersatz. Die nächste Frage ist, ob wir Roboter bauen können, denen wir in bestimmten Situationen die Entscheidungsfindung überlassen wollen.

Viele Menschen haben immer noch ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken, dass ein Roboter entscheiden würde, ob sie sich einer Herzoperation unterziehen sollen oder nicht. Sie ziehen es vor, dies mit einem Chirurgen zu besprechen – obwohl der Computer wahrscheinlich besser in der Lage ist, alle möglichen Vorerkrankungen und den Allgemeinzustand des Patienten zu berücksichtigen. Auch das Fällen eines Urteils vor Gericht wollen viele Menschen lieber in der Verantwortung eines menschlichen Richters belassen.

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Zahlen & Fakten

Foto einer Frau, die rpüfend eine Lochkarte in die Höhe hält. Im Hintergrund ist eine große Büromaschine zu sehen.
„Leo“ 1955 in den Räumen von Lyons Electronic Office in Cadby Hall, Kensington. Die Maschine kann sich um Buchhaltung und Lagerhaltung kümmern. Man glaubt, die Maschine ersetze rund 200 Angestellte. © Getty Images © Getty Images

Welche Jobs werden ersetzt?

Das Forbes Technology Council hat 2019 Berufe und Tätigkeitsbereiche versucht zu identifizieren, die bis 2030 durch Automatisierung und Künstliche Intelligenz verschwinden werden.

  • Versicherungsvertreter
  • Fertigungskräfte und Lagerarbeiter
  • Datenrecherche und -erfassung
  • Fließbandarbeiter
  • Buchung von Sendezeiten für TV-Werbung
  • Pharmazeutische Wirkstoff-Forschung
  • Kundenberatung in einer Bank
  • Vertreter
  • Angestellte in Fast Food-Ketten
  • LKW-Fahrer
  • Lieferboten

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Trotzdem werden wir im Jahr 2074 im Durchschnitt weniger arbeiten. In den meisten europäischen Ländern wird die demografisch angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt vorbei sein. Der Trend, steigenden Wohlstand nicht nur für zusätzlichen Konsum von Gütern und Dienstleistungen zu nützen, sondern auch in mehr Freizeit zu investieren, wird sich fortsetzen.

Zeit für 10.000 Schritte

Das heißt nicht, dass die Leute weniger beschäftigt wären. Sie wünschen sich Zeit für die Betreuung von Kindern und Eltern, die immer länger leben, sowie für lebenslanges Lernen und die persönliche Weiterentwicklung. Manche werden Zeit für ihre täglichen 10.000 Schritte oder andere Aktivitäten brauchen, andere für ehrenamtliches Engagement oder andere soziale Aktivitäten. Die Arbeit ist ja schon jetzt nur ein Teil der vielen Tätigkeiten, mit denen die Menschen ihre Terminkalender füllen.

Menschen in Europa werden 2074 eine sehr gemischte Gruppe sein. Zum einen liegt das am Zuzug aus den 2030er- und 2040er-Jahren, der notwendig ist, um die Wirtschaft trotz schrumpfender Bevölkerung am Laufen zu halten, zum anderen aber auch am Strom von Klimaflüchtlingen aus Ländern, die durch Dürre oder Überschwemmungen unbewohnbar geworden sind. Branchen rund um die klimaneutrale Energieversorgung und die Wiederverwendung von Rohstoffen werden einer der wichtigsten Wirtschaftszweige sein.

Der IKEA-Schrank wird nicht geliefert, sondern kommt daheim aus dem 3D-Drucker.

Viele Bürogebäude aus der Jahrtausendwende sind in Wohnungen umgewandelt worden, denn ein Großteil der Arbeit kann von zu Hause erledigt werden. Das gilt nicht für alle Tätigkeiten; der Friseur kann die Haare nicht aus der Ferne schneiden. Aber der Ikea-Schrank wird nicht geliefert, sondern kommt daheim aus dem 3D-Drucker.

Arbeit nervt weiterhin

Schwieriger vorherzusagen ist die Frage, welche Rolle Arbeit für unsere gesellschaftliche Stellung spielen wird. Wenn man einen Menschen heute zum ersten Mal trifft, stellt sich schnell die Frage: „Was machst du beruflich?“ Die Antwort, ob „Schuhverkäufer“, „Universitätsprofessor“ oder „Arbeitsloser“, bestimmt weitgehend das Bild, das wir von jemandem haben. Spielt die Arbeit in Zukunft eine weniger prominente Rolle, müssen sich für den Smalltalk andere Themen finden. Sicher ist, dass auch im Jahr 2074 einige Menschen nur ungern zur Arbeit gehen werden.

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