Die fabelhafte Welt der Imbissbuden

Döner, Pizza, Sushi – die Internationalisierung des Geschmacks brauchte nur zwei Zutaten: Imbissbuden und Migration.

Foto von einem Imbisstand bzw. Trailerhome auf dem Indian Tacos steht. Im Hintergrund sind Berge zu sehen. Das Bild illustriert einen Beitrag über die Internationalisierung des Geschmacks.
USA, circa 2000: In der Imbiss-Welt ist alles möglich, auch indische Tacos. © Getty Images

Gastrosoph Peter Peter tastet sich in dieser Folge unserer Podcastreihe macht Hunger besonders vorsichtig an die Wahrheit heran: Die jeweils heimische Küche sei ja „nicht immer so toll“, sagt er. Und er nennt Namen: Etwa die schottische. Oder die deutsche.

Der Podcast

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Ohne Migration wären jedenfalls die amerikanische und auch die deutsche Küche, nun ja, defizitär.

Würde die amerikanische Küche zum Beispiel nur aus den Traditionen der schottischen (und irischen) Einwanderer bestehen (zusätzlich zum Burger, von dem man nicht weiß, ob er wirklich aus Hamburg in die USA kam), dann gäbe es vor allem Fleischgerichte mit Beilagen. Jedenfalls kein Chili und auch kein Hotdog. Keinerlei Teigtaschen. Keine Pizza.

Ob Döner, Burger, Taco, Sushi, Pho oder Pizza – ohne Migration ist keines dieser globalen Gerichte denkbar. Und ohne den Dönerstand, den Food Truck, die Imbissbude ebensowenig: „Die Küchen und die Imbissstände sind niedrigschwellige Arbeitsplätze, wenn man fremd ist, eine Sprache nicht beherrscht oder keine hohen formalen Abschlüsse hat“, sagt Peter Peter.

Foto von einem Straßenstand, der frittierte Teigtaschen anbietet, mit einem Tisch mit weißer Resopal-Platte, an dem Kinder, Frauen und Männer sitzen und frühstücken.
Frühstück bei einem Imbissstand mit frittierten Teigrollen im Süden Chinas 1995. Diese Gewohnheit ist bisher noch nicht um den Globus gegangen. © Getty Images

Über die Küchen und die Imbissstände verbreiten sich Speisen um die ganze Welt und erfahren dabei mannigfaltige Veränderungen. Was in Berlin, Bochum oder Essen als Döner bekannt ist, hat Wurzeln in der Provinz Bursa im Nordwesten der Türkei. Es war ein Lammfleischgericht, das in einer Feuergrube gegart wurde, also nicht senkrecht an einem Spieß gegrillt.

Aber: „Auch wenn die Gerichte zum Teil sehr große Veränderungen erfahren, bergen sie doch noch viel Authentizität. Sie sind zugleich verallgemeinerbar, sodass sie Teil des internationalen Geschmacks werden“, meint Peter Peter.

Geht mit der Internationalisierung auch eine Standardisierung einher? Peter Peter ist optimistisch, denn aus seiner Sicht ist diese Internationalisierung des Geschmacks noch gar nicht abgeschlossen. So ist das, was im globalen Norden als asiatische Küche gilt nur ein Bruchteil dessen, was Asien an Kochkunst zu bieten hat. Die nächsten globalen Foodtrends können auch aus Laos kommen. Oder aus Malaysia oder Burma. Und nicht nur Gerichte, vielleicht auch Essgewohnheiten.

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Diese Episode über die Internationalisierung des Geschmacks ist die vierte Folge unseres Podcast macht Hunger mit dem Gastrosophen Peter Peter. In unserer Podcastreihe macht Hunger geht es um die Kulturgeschichte des Essens und alle wirtschaftlichen Verstrickungen und politischen Machtspiele, die mit dem Essen und mit kulinarischen Traditionen verbunden sind.

Die erste Folge über die Macht der Nationalgerichte können Sie hier nachhören, die zweite Folge über französischen Küchendrill hier, die dritte Folge über die klassenlose italienische Küche hier, die Folge Nummer vier mit den unwissenden Wienern und dem Wiener Schnitzel hier und das weitere Programm von macht Hunger nach der Welterweiterung durch die Imbissbude finden Sie hier:

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Zahlen & Fakten

Arnold Schwarzenegger auf einer Aufnahme aus dem August 1977 wie er mit einem Freund kebbelt, wobei der Freund und zwei weitere Freundinnen an einem gedeckten Tisch beim Abendessen sitzen. Arnold Schwarzenegger lacht ebenso wie eine der beiden Frauen in die Kamera, während die andere Frau gerade isst.
Los Angeles 1977: Arnold Schwarzenegger stört beim Essen. © Getty Images

macht Hunger – Ihr Programm bis Mitte Dezember

14. November >> Zucker, Zucker, Zucker: Oh Du süße Inflation: Zucker, tja, kann auch ganze Wirtschaften aufblähen und Spekulationsblasen erzeugen. Aktuell ist Zucker in Europa um 70 Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Diese Folge von macht Hunger widmet sich der Wirtschaftsmacht der Lebensmittel.

28. November >> Jenseits der Piroggen: Dass die slawische Küche getreidelastig sei, ist ein Gerücht. Wahr ist vielmehr, dass sie jene Küche ist, die die kulinarische Qualität der Wurzeln – von Karotte bis Rübe – gewissermaßen erweckt und zur Vollendung gebracht hat.

12. Dezember >> Die Welt kocht vegetarisch? Ach, wäre es doch nur so. Es stimmt, der größte Teil der Weltbevölkerung ernährt sich ohne oder nur mit wenig Fleisch und auch in den reichen Ländern der Welt werden vegetarische Gerichte (wieder) beliebter. Dabei war es vor nicht allzu langer Zeit selbstverständlich, dass Wurst und Fleisch (und auch Schnitzel) nicht immer zu haben sind. Das Wort Sonntagsbraten deutet es bereits an. Diese Folge von macht Hunger widmet sich Aufstieg und Fall der Fleischgerichte nach dem Zweiten Weltkrieg.

Über Peter Peter

Portraitfoto von Peter Peter.
Beim Essen gibt es keine Zufälle: Gastrosoph Peter Peter zeigt im Podcast macht Hunger wieviel politisches Kalkül im Essen steckt. © Gregor Kuntscher

Der Kulturwissenschaftler Peter Peter ist in der bayerischen Hauptstadt München aufgewachsen, hat in Klassischer Philologie promoviert und ist Autor zahlreicher Bücher über das Reisen und die Kochkulturen dieser Welt (unter anderem verfasste er auch eine Kulturgeschichte des Schnitzels bzw. der österreichischem Küche). Er lehrte an der von Slow Food gegründeten Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo und Colorno. Seit 2009 lehrt er für den Masterstudiengang des Zentrums für Gastrosophie der Universität Salzburg das Modul „Weltküchen und Kochsysteme“ und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik.

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