Österreich gegen Deutschland in 8 Grafiken

Das WIFO-Radar der Wettbewerbsfähigkeit vergleicht die Entwicklung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Lebensverhältnisse. Deutschland steckt in der Krise, Österreich steht im Vergleich besser da.

Eine Grafik mit drei Säulen, die mit der EU-, Österreich- und Deutschland-Flagge gekennzeichnet sind.
Wettbewerb: Deutschland steckt in der Krise, Österreich steht in einigen Bereichen besser da.

Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Österreichs. Ohne Gäste aus dem nördlichen Nachbarland hätte der heimische Tourismus ein gravierendes Problem. Und als größte und vor allem beruflich aktive Einwanderergruppe halten deutsche Fachkräfte die heimische Wirtschaft am Laufen. Die enge Verflechtung hat auch die Annäherungen des Lebensstandards gefördert, ähnlich wie in einer Schicksalsgemeinschaft. In den letzten Jahren hat sich Österreich jedoch in einigen Bereichen besser entwickelt und somit Wettbewerbsvorteile gegenüber der Bundesrepublik gewonnen.

Das interaktive WIFO-Radar der Wettbewerbsfähigkeit misst Österreichs Erfolg bei der Sicherung hoher Realeinkommen und der fortlaufenden Verbesserung der sozialen und ökologischen Lebensverhältnisse im Vergleich mit rund 30 europäischen Ländern. Vize-Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) Michael Peneder und seine Kolleginnen und Kollegen haben für den Pragmaticus bei acht wichtigen Standortfaktoren ausgewertet, wie sich Österreich im Vergleich zu Deutschland in der jüngsten Vergangenheit entwickelte. Die Auswertung erfolgte mit Unterstützung der WIFO-Experten und Expertinnen Benjamin Bittschi, Anna Burton, Angela Köppl, und Thomas Url. 

1. Industrieriese Deutschland schwächelt

Österreich hat sich von der strukturellen Krise der deutschen Industrie abgekoppelt: Binnen fünf Jahren ist die Produktion in Deutschland insgesamt um 8,5 Prozent gesunken, in Österreich um 10,2 Prozent gestiegen.

2. Deutschland holt beim Wohlstand auf

Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 ist das Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland stärker gesunken als in Österreich. Deutschland konnte dann jedoch schneller aufholen. Österreichs Vorsprung betrug 2022 nur noch rund 1,4 Prozent.

3. Österreich wächst regional ausgeglichener

Die regionale Streuung der Pro-Kopf-Einkommen ist nur in vier Ländern der Europäischen Union noch niedriger als in Österreich. Deutschland hingegen belegt hier Rang 20. Eine gute Balance zeugt von sozialem und wirtschaftlichen Zusammenhalt eines Landes.

4. Deutschlands Produktivität stagniert

Je Arbeitsstunde schafft Österreich heute um über sieben Prozent mehr als 2020; Deutschland verbesserte sich nur um 2,4 Prozent. Ausgehend von einem höheren Ausgangsniveau lag Deutschland im Jahr 2022 um 22 Prozent und Österreich um 20 Prozent über dem Durchschnitt der Europäischen Union. Der größere Vorsprung Deutschlands nimmt jedoch tendenziell ab, während der Vorsprung Österreichs stabil ist oder sogar zunimmt.

5. Strauchelnde Exportmeister

Sowohl in Deutschland als auch in Österreich wird in den meisten Jahren mehr exportiert als importiert, das Leistungsbilanzsaldo ist positiv. Doch in beiden Ländern ist dieses Saldo zuletzt deutlich gesunken: zunächst nur in Österreich wegen des pandemiebedingten Rückgangs des Tourismus, dann in beiden Ländern infolge des Energiepreisschocks durch den russischen Angriff auf die Ukraine.

6. Klima-Fußabdruck nähert sich an

Im Vergleich zu Deutschland hat Österreichs Wirtschaft eine geringere CO2-Intensität. Der vermehrte Einsatz von Kohlekraftwerken trübt die deutsche Bilanz, Österreich ist durch die Wasserkraft der Alpen im geografischen Vorteil. In jüngster Zeit konnte Deutschland seine Emissionen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung schneller senken als Österreich, wo es weniger Reduktionen gab.

7. Armut in Österreich besser abgefedert

In den Krisen der vergangenen Jahre stieg die Zahl von Armutsgefährdeten in Deutschland stärker als in Österreich. Während der Pandemie in den Jahren 2020/2021 stieg der Wert in Deutschland erneut deutlich an, während es in Österreich über die Jahre und trotz der Krisen einen relativ gleichmäßigen Verlauf gab. Zuletzt näherten sich die Zahlen jedoch an.

8. Einkommensverteilung gleicht sich an

Das Verhältnis der obersten 20 Prozent der verfügbaren Einkommen mit den untersten 20 Prozent zeigt, wie weit die Schere zwischen Arm und Reich ist, wenn man alle Einkünfte inklusive Sozialleistungen oder Mieteinnahmen berücksichtigt. Das Einkommen des obersten Fünftels der Österreicher ist rund viermal so hoch, wie jenes des untersten Fünftels. In den letzten beiden Jahrzehnten war diese Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland größer. Jüngst haben sich die beiden Nachbarländer bei der Einkommensverteilung wieder angeglichen.

Derzeit meistgelesen

Unser Newsletter