Kann sich Europa selbst verteidigen?

Die NATO-Länder verlassen sich auf Hilfe durch US-Streitkräfte. Im Ernstfall könnte das zu wenig sein. Was Europa für eine effektive Abschreckung benötigen würde.

Kann sich Europa selbst verteidigen? Ein Soldat geht links aus dem Bild vor einer Europakarte. Rechts lauert ein bedrohlicher Bär. Auf der Karte ist ein Notizzettel mit der Botschaft "Good-bye & take care! U.S. Army."
Wie kann sich Europa selbst verteidigen, wenn die USA ihre militärische Unterstützung reduzieren? © Jens Bonnke
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Auf den Punkt gebracht

  • Schwachstelle. Ein Bedrohungsszenario für die NATO ist, dass Russland in einem raschen Vorstoß Teile des Baltikums besetzt, noch bevor der Westen reagieren kann.
  • Abschreckung. Dass sich Europa selbst verteidigen kann ist wichtiger denn je, um Russlands militärische Optionen einzuschränken.
  • Schützenhilfe. Denn laut neuen, exklusiven Berechnungen, können die USA nur rund ein Viertel ihrer Soldaten und Waffen tatsächlich nach Europa schicken.
  • Vorsorge. Darum sollte Europa massiv in die Führungskompetenz und Kampfkraft seiner Armeen investieren, um Moskau effektiv abzuschrecken.

Pax Americana nennt man den nun schon fast acht Jahrzehnte währenden Frieden im Westen. Unter dem Schutzschirm der USA gab es nach dem Zweiten Weltkrieg keine verheerenden Konflikte zwischen Großmächten mehr. Doch dieser Zustand gerät immer mehr in Bedrängnis. Derzeit werden in den USA – vor allem im Lager der Republikaner rund um Donald Trump – Forderungen laut, die Sicherheitspolitik komplett neu auszurichten. Demnach wolle sich Amerika auf den einzigen potenziell ebenbürtigen Gegner konzentrieren: China. Europa, der Nahe Osten sowie der Rest Asiens und der Welt sollen sich selbst um ihre Sicherheit kümmern.

Länder wie Russland, China, der Iran und Nordkorea versuchen, das sich anbahnende Chaos auszunutzen. Ihr Hauptziel besteht darin, die USA als bisherige Hegemonialmacht zu schwächen. Der amerikanische Historiker und Diplomat Philip Zelikow schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass es in den kommenden Jahren zu einem weltweiten Krieg kommt, auf 20 bis 30 Prozent. Militärische Planungen der US-Streitkräfte gehen zunehmend davon aus, dass ein Krieg mit China oder Russland nicht isoliert bliebe, sondern dass die jeweils andere Seite direkt oder indirekt involviert wäre.

US-Militärs planen mittlerweile für einen Zweifrontenkrieg in Europa und Asien.

Strategen des US-Militärs teilten mir mit, dass die Planungsannahme mittlerweile ein Zweifrontenkrieg ist, selbst wenn nur eine der beiden Fronten „heiß“ wäre. Das erscheint militärisch logisch, hätte aber gravierende Auswirkungen. Würde zum Beispiel China bei einem Konflikt in Europa nicht sofort aktiv, müssten die USA dennoch genügend Reserven zurückhalten, um einen zusätzlichen Krieg in Ostasien gegen China führen zu können. 

Hände gebunden

Die Stärke des US-Militärs entspricht laut gängigen Datenbanken somit bei weitem nicht dem, was die Amerikaner nach Europa schicken würden, selbst wenn sie wollten. Sogar im günstigsten Fall könnten die USA nur etwa 60 Prozent ihrer gesamten Truppen, Kriegsschiffe, Waffensysteme etc. auf dem Kriegsschauplatz einsetzen, der jeweils Priorität hat. Für die U. S. Army wäre dies Europa, für die U. S. Navy wäre es Ostasien. 

Von diesen 60 Prozent wären laut meinen Berechnungen durchschnittlich nur etwa 45 Prozent bei den aktiven Truppen und Waffensystemen und 25 Prozent bei den Reserven tatsächlich einsetzbar. Diese niedrigeren Werte haben unter anderem mit der Instandhaltung von einzelnen Kriegsschiffen, Kampfpanzern und anderen Waffensystemen zu tun sowie mit generellen logistischen Herausforderungen.

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Zahlen & Fakten

Darüber hinaus ist es notwendig, einzelne Verbände zurückzuhalten, um andere Einheiten auszubilden, sowie Truppenrotationen durchzuführen, um Soldaten die Möglichkeit zu geben, sich für einen erneuten Einsatz zu erholen. Von den rund 450.000 aktiven Soldaten der U. S. Army könnten demnach nur circa 122.000 nach Europa geschickt werden. Von den über 2.600 Kampfpanzern könnten die Amerikaner rund 700 nach Europa bringen, von ihren 40 U-Booten kämen wohl nur vier zum Einsatz. Fazit: Europa muss – unabhängig von Donald Trump – in der Lage sein, auch ohne große US-Unterstützung Krieg zu führen und seine Feinde abzuschrecken. Doch das ist derzeit ein großes Problem.

Militärischer Papiertiger

Auf den ersten Blick scheinen die europäischen NATO-Verbündeten potenziellen Angreifern durchaus ebenbürtig, ja sogar überlegen zu sein: Rund 6.600 Kampfpanzer haben die NATO-Partner in Europa, gut 2.000 die Russen. Doch die Mehrheit dieser gepanzerten Fahrzeuge der NATO – bei Kampfpanzern sind es laut meinen eigenen Kalkulationen immerhin 57 Prozent – kommen aus griechischen und türkischen Beständen und sind teils nicht einsatzfähig oder veraltet.

So verfügt etwa Griechenland über 375 amerikanische M48-Kampfpanzer, die erstmalig 1952 in den Dienst gestellt wurden. Die Türkei hat ebenfalls noch 750 dieser uralten Geräte und zusätzlich noch rund 2.000 in Armeelagern eingemottet. In anderen wichtigen Kategorien, wie zum Beispiel bei den Langstrecken-Boden-Luft-Raketensystemen, ist Europa Russland auch quantitativ klar unterlegen. 

Wenn Moskau Tatsachen schafft

Welche militärische Bedrohung geht überhaupt von Russland aus? NATO-Militärplaner erwarten am ehesten einen Angriff Russlands auf die baltischen Staaten. Die NATO verfügt über eine Reihe von regionalen Verteidigungsplänen, um das Baltikum zu verteidigen. Von diesen Plänen leiten sich wiederum die konkreten Anforderungen insbesondere an die deutsche Bundeswehr und andere NATO-Streitkräfte ab.

Ein oft diskutiertes Szenario sieht wie folgt aus: Russland greift mit einigen zehntausend Mann und Hunderten von gepanzerten Gefechtsfahrzeugen – unterstützt von Artillerie sowie Kampfflugzeugen und Bombern – Litauen an. Mehrere von Weißrussland ausgehende Angriffsachsen ermöglichen es russischen Bodentruppen, im Schutz starker Flug- und Raketenabwehrschirme die Hauptstadt Vilnius einzunehmen, sprich: die NATO vor vollendete Tatsachen zu stellen. Schließlich liegt das Zentrum von Vilnius nur 30 Kilometer von der weißrussischen Grenze entfernt und damit in Reichweite der russischen schweren Artillerie.

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Zahlen & Fakten

Die NATO Enhanced Forward Presence Battlegroup Lithuania – ein NATO-Verband von mehreren tausend Soldaten, dem ab 2027 auch eine mechanisierte Brigade aus Deutschland angehören soll – wird im Feuer der russischen Artillerie, ballistischer Raketen und Marschflugkörper zerschlagen. Dies geschieht innerhalb von drei bis vier Tagen, noch bevor NATO-Truppen der Very High Readiness Joint Task Force oder der Allied Reaction Force, zwei schnellen Reaktionstruppen mit bis zu 40.000 Mann, zum Gegenangriff antreten können. Das strategische Ziel für Russland besteht bei diesem Szenario darin, die Stadt Vilnius als Geisel zu nehmen, um unter Androhung des Einsatzes von Nuklearwaffen die NATO zur Einstellung des Kampfes zu zwingen. 

Ein zweites Szenario wäre ein groß angelegter russischer Angriff auf mehrere baltische Staaten. Durch Vorstöße auf Vilnius, Tallinn und Riga mit einigen hunderttausend Mann und tausenden gepanzerten Gefechtsfahrzeugen würde Russland gleich in der Anfangsphase des Krieges versuchen, die Suwałki-Lücke – die Landverbindung zwischen dem Baltikum und dem Rest der NATO – zu kappen. 

Zäher Abnutzungskrieg

Selbstverständlich würden in beiden Szenarien auch unkonventionelle Kriegsmethoden zur Anwendung kommen, beispielsweise Cyberangriffe, Desinformation und Sabotage, um Zwietracht zwischen NATO-Mitgliedern zu säen. Russland könnte einen schnellen Erfolg ausnutzen, um die NATO in einen langen Abnutzungskrieg zu verwickeln, während China die USA in einen ähnlichen Konflikt in Ostasien hineinzieht. Russlands Streitkräfte würden in solch einem Kriegsfall aus mehreren hunderttausend Soldaten bestehen, die wohl schneller zur Verfügung stünden als die NATO-Truppen. Die offizielle Größe der russischen Streitkräfte mit Stand Juni 2024 liegt bei 1,32 Millionen Soldaten. Laut meinen eigenen Berechnungen liegt die tatsächliche Stärke jedoch nur bei etwa 1,1 Millionen.

So kann sich Europa selbst verteidigen

Möglicherweise würde solch ein Abnutzungskrieg im Baltikum und Osteuropa bedeuten, dass sich je nach dem Ausgang der ersten Schlachten eine Frontlinie quer durch das Baltikum oder von Kaliningrad über die Suwałki-Lücke bis nach Weißrussland ziehen könnte. Entlang dieser Front würde ein monate- oder jahrelanger Stellungskrieg geführt, bis Europa und die USA wegen der hohen Verluste an Menschen und Material klein beigeben. Russland könnte sich wie in der Ukraine eingraben und dichte Verteidigungsstellungen errichten, die durch breite Minengürtel gesichert sind. Keine NATO-Streitmacht hat praktische Erfahrungen, wie sich solche Verteidigungssysteme überwinden lassen. Jeder Versuch würde deshalb unzählige Opfer fordern.

Europa muss in der Lage sein, auch ohne große US-Unterstützung Krieg zu führen

Auch gibt es in der NATO nach wie vor zu wenig Pioniergerät, wie zum Beispiel Minenräumpanzer, um mehrere größere Lücken in ein derartiges Verteidigungssystem zu schlagen und so den Durchbruch zu ermöglichen. Russlands Ziel wäre die Zerschlagung der NATO und der Verlust der Glaubwürdigkeit der USA.

Derzeit nehmen die USA eine zentrale Bedeutung in Europas Sicherheitsstruktur ein – und zwar nicht allein wegen der Zahl ihrer Truppen und Waffen. Die eigentliche militärische Bedeutung der US-Streitkräfte liegt in ihrer Funktion als Integrator der verschiedenen nationalen Streitkräfte. Nur die USA verfügen über die notwendigen Strukturen, Kommandozentren, Führungssysteme und die dazugehörigen Stäbe, um die Aktivitäten der gesamten NATO im Ernstfall effektiv und effizient zu koordinieren. Dazu gehören auch spezielle Einheiten, sogenannte Unterstützer, die Kampf, Führung und Einsatz der NATO-Truppen überhaupt erst möglich machen.

Deutschland gefragt

Deutschland will diese Integrator-Rolle nach und nach übernehmen, doch das ist Zukunftsmusik und wird noch sehr viele Jahre dauern. Auch andere Länder wie Frankreich, Polen oder Großbritannien können diese Funktion nicht erfüllen. Kein europäisches Land ist derzeit in der Lage, ohne amerikanische Unterstützung einen Großverband wie ein Korps (bis zu 50.000 Mann), geschweige denn eine Armee zu führen. Die zu Zeiten des Kalten Krieges noch existierenden Armeehauptquartiere der NATO gibt es nicht mehr.

Ohne sie ließe sich ein Krieg gegen Russland nur schwer koordinieren. Zwar gibt es in den einzelnen Streitkräften auf Korpsebene Strukturen zur Führung von unterstellten Verbänden, es fehlt den Europäern aber an jeglicher praktischen Erfahrung in der Leitung solcher Großverbände. Übungen auf Korpsebene von einzelnen multinationalen Korps der NATO finden nämlich regelmäßig nur in Form von Computersimulationen statt. Gleichzeitig fehlen diesen multinationalen NATO-Korps die bereits genannten Unterstützer – etwa Heeresflieger, Artillerie sowie Flug- und Raketenabwehr –, aber auch Aufklärungstruppen und nicht zuletzt logistische Verbände.

Ohne USA droht der Kollaps

Diskussionen über die sogenannte strategische Autonomie oder Souveränität Europas prallen hier also auf die harte militärische Realität. Ohne die USA wird sich Europa in den kommenden Jahren nur schwer verteidigen können und überhaupt Mühe haben, größere militärische Operationen zu planen und durchzuführen. Anders gesagt: Ohne den Integrator droht das ganze europäische Verteidigungskonstrukt zu kollabieren.

Insofern erzählen sämtliche Vergleiche zwischen Russland und den europäischen NATO-Ländern, was die Anzahl an Kampfpanzern, Schützenpanzern, Artillerie sowie Kampfflugzeugen betrifft, nur einen Teil der Geschichte. Sollte ein US-Präsident Trump den Fokus auf China legen und die derzeit in Europa stationierten US-Streitkräfte stetig reduzieren, entsteht eine gefährliche Lücke. Um strategisch autonomer zu werden, müsste Europa also vor allem in neun Bereiche investieren: 

  • Kommandosysteme 
  • Aufklärung, Überwachung und Zielerfassung
  • Langstrecken-Präzisionswaffen
  • Luft- und Raketenabwehrsysteme
  • Elektronische Kriegsführung
  • Cyberkriegsführung
  • Logistik und Nachhaltigkeit
  • Strategische und taktische Luftunterstützung
  • Pioniertruppen 

Die Lücken sind zum Teil gewaltig. Allein im Bereich der Luft- und Raketenabwehrsysteme könnten die europäischen Mitglieder der NATO gemeinsam nur fünf Prozent des Equipments bereitstellen, das nötig wäre, um Truppen im Baltikum, größere Städte und andere wichtige kritische Infrastruktur zu schützten. Zusammen haben die europäischen NATO-Länder nur 36 Langstrecken-Flugabwehrsysteme, die von Spanien bis Deutschland aufgestellt sind; manche davon wurden bereits an die Ukraine geliefert.

Laut meinen Berechnungen bräuchte es in den beiden Baltikum-Szenarien 70 bis 90 Langstrecken-Flugabwehrsysteme, allein um NATO-Verbände vor Ort zu schützen. Für den Schutz von Städten und kritischer Infrastruktur wären zusätzlich mindestens 50 Langstrecken-Flugabwehrsysteme im Osten Europas notwendig. Schnell beheben lässt sich der Mangel leider nicht: Zwischen Vertragsunterzeichnung, Herstellung und Auslieferung eines einzelnen Systems wie etwa einer M902 Patriot können mehr als vier Jahre vergehen. 

Auch bei der Truppenstärke und Einsatzfähigkeit ging in den vergangenen Jahrzehnten viel verloren. Im Jahr 1990, als der Kalte Krieg zu Ende war, verfügte allein die damalige westdeutsche Bundeswehr noch über 215 Kampfbataillone – also Jäger, Gebirgsjäger, Fallschirmjäger und Panzerverbände aller Art – in hoher Einsatzbereitschaft. Heute hat Deutschland etwa 34 solcher Bataillone, und wirklich kampftauglich sind sie nicht. Bei einer Übung der 10. Panzerdivision Ende 2022 fiel in einem Bataillon die gesamte Flotte von 18 Schützenpanzern des Typs Puma aus.

Eine Wehrpflicht light?

Um die Truppenstärke im wichtigsten europäischen NATO-Mitglied wieder auf ein erforderliches Niveau zu bringen, gibt es zwei Möglichkeiten: Eine bestünde darin, alle jungen Leute, die freiwillig zur Bundeswehr gehen, zu Reserveübungen nach dem Auslaufen ihrer aktiven Dienstverträge zu verpflichten. Bis zum 45. Lebensjahr könnten Soldaten demnach jährlich zu Auffrischungsübungen eingezogen werden. Damit ließe sich innerhalb einiger Jahre eine größere Reserve aufbauen.

Damit Freiwillige sich von der Verpflichtung zur Teilnahme an diesen Übungen nicht abschrecken lassen, bedürfte es wohl zusätzlicher finanzieller Anreize, die das Verteidigungsbudget rasch über die seit dem NATO-Gipfel 2014 geforderten Mindestausgaben für Verteidigung in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) steigen lassen würden.

Eine andere Option wäre die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Das beste Modell wäre eine Kombination aus den finnischen und schwedischen Musterungs- und Ausbildungssystemen: Wie in Schweden müssten ganze Altersgruppen von jungen Deutschen, Männer und Frauen, zur Musterung. Wie in Finnland würde aber nur ein kleiner Teil für den Wehrdienst eingezogen und ansonsten weiterhin stark auf Freiwilligkeit gesetzt. Das Grundgesetz in Deutschland verbietet aber ausdrücklich, Frauen zum Dienst an der Waffe zu verpflichten. Daraus folgt, dass für sie auch eine Musterung nicht verpflichtend sein kann. Solange das Grundgesetz nicht geändert wird, bleibt das auch so.

Es scheitert nicht nur an Trump

In den geschilderten Baltikum-Kriegsszenarien würden die USA nicht mit voller Kraft eingreifen. Sie könnten weder den europäischen Bedarf an Langstrecken-Flugabwehrsystemen decken noch den Mangel in der Truppenstärke ausgleichen, da sie mit einem zukünftigen Kriegseintritt Chinas oder etwaigen Spannungen auf der koreanischen Halbinsel und dem Nahen Osten rechnen müssten.

Die Strategen in Moskau und Peking fragen sich, ob der Westen den Willen hat, einen langen Abnutzungskrieg durchzustehen

Europäische Entscheidungsträger müssen verstehen, dass die US-Unterstützung nicht nur unter einem Präsidenten Trump rasch schwinden kann, sondern selbst bei vorhandenem politischen Willen im Weißen Haus wegen der begrenzten militärischen Kapazitäten der USA im Ernstfall nicht ausreichen wird. Diese klaffende Lücke kann Europa im Moment nicht füllen. 

Entschlossenheit gefragt

Natürlich ist die Wirtschaftskraft des Westens jener von China und Russland überlegen, und wenn jetzt die richtigen Schritte eingeleitet werden, um in den nationalen Rüstungsindustrien die für einen solchen Krieg notwendigen Kapazitäten zu schaffen, wird das russische und chinesische Kalkül womöglich nicht aufgehen. Von einer solchen Entschlossenheit sind wir aber weit entfernt. Selbst wenn die Nachrüstung funktioniert, bleibt unklar, ob der Westen den Willen hat, einen langen Abnutzungskrieg durchzustehen. Diese Frage stellen sich auch die Strategen in Moskau und Peking. Beantworten können sie nur wir in Europa.

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Conclusio

Ernstfall. Russland könnte die NATO angreifen, indem es im Baltikum an einer verwundbaren Stelle militärisch Tatsachen schafft und den Westen in einen Abnützungskrieg zwingt. Ohne die USA könnten die Europäer wenig dagegen tun. 
Lücke. Rund um Donald Trump wälzen US-Strategen Pläne, die Truppenstärke in Europa zu reduzieren. Doch selbst wenn die USA nach Kräften helfen wollten, könnten sie nur einen geringen Teil ihres Militärs in Europa einsetzen.
Autonomie. Europa sollte allein stark genug werden, um Russland von Angriffen auf NATO-Territorium abzuschrecken. Die deutsche Bundeswehr würde dabei eine Schlüsselrolle spielen, zu der sie derzeit jedoch nicht in der Lage ist.

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