Der lange Weg zum Besteck

Erst mit den Tischmanieren kam auch das Besteck in die Welt. Warum das insgesamt bis weit ins 18. Jahrhundert dauerte, ist kein Zufall. Staffel II, Folge II von machtHunger.

Repas d'artistes, nach 1660, von Gonzalès Cockes. Dargestellt ist eine Gruppe junger Männer die um einen reich gedeckten Tisch sitzt und fröhlichen einen Hinukommenden begrüßt.
Repas d'artistes, nach 1660, von Gonzalès Cockes. © Getty Images

Es geht um Tischmanieren in dieser Folge von machtHunger, allerdings sucht man auch hier vergebens nach Anweisungen, was bei Tisch zu tun und zu unterlassen ist. Stattdessen führt Gastrosoph Peter Peter uns zu den Ursprüngen der unterschiedlichen Tischmanieren dieser Welt.

Der Podcast

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Tischmanieren zeigen sich vor allem dann, wenn man allein isst.

Wer sich nun fragt, ob eine vor dem Fernseher verschlungene Pizza in den Augen von Peter Peter kulturlos ist, sei beruhigt: So ist es nicht gemeint. Da beim allein zu Tisch sitzen (oder auf dem Sofa essen) bestimmte Eckpfeiler der Tischmanieren wegfallen – jener des obligatorischen Tischgesprächs etwa oder das Gebot des Wartens, bis alle etwas haben – ist der oder die allein Essende gefordert, selbst zu entscheiden, was nun „schön essen“ bedeuten soll – ist es in Ordnung mit den Händen zu essen? Muss es wirklich ein Teller sein?

Nun in Europa bis ins 19. Jahrhundert hinein nicht unbedingt, nicht in allen Schichten. Auch das eigene Messer ist eine Erfindung der Renaissance. Dass es abgerundet ist, kam später durch Frankreich, durch Kardinal Richelieu. Als manierlich galt, sich nicht gegenseitig zu verletzen. Es war auch lange Zeit üblich zumindest in Italien, liegend zu essen. Eine Tischsitte der männlichen wohlhabenden Römer. „Sitzen musste, wer arm war, weiblich, ein Sklave oder ein Kind“. so Peter Peter.

Auch die Serviette war nicht immer üblich, wie die Malerei des Mittelalter und des Barock vermuten lassen, dienten die vielen Hunde, die bei Tischszenen zu sehen sind, auch dazu, sich dann und wann die fettigen Hände abzuwischen. „Bis zu den wirklich strengen und sehr steifen Tischsitten im bürgerlichen Europa des 19. Jahrhunderts war es ein langer Weg.“

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Diese Episode über Tischmanieren ist die zweite Episode der zweiten Staffel unseres Podcast macht Hunger mit dem Gastrosophen Peter Peter. In unserer Podcastreihe macht Hunger geht es um die Kulturgeschichte des Essens und alle wirtschaftlichen Verstrickungen und politischen Machtspiele, die mit dem Essen und mit kulinarischen Traditionen verbunden sind.

Die erste Staffel mit der ersten Folge über die Macht der Nationalgerichte können Sie hier nachhören, die zweite Folge über französischen Küchendrill hier, die dritte Folge über die klassenlose italienische Küche hier, die Folge Nummer vier mit den unwissenden Wienern und dem Wiener Schnitzel hier, Folge Nummer fünf über der Welterweiterung durch die Imbissbude hier, die Folge über die Ambivalenz des Zuckers hier, jene über die Küche des Warschauer Pakts hier, die Episode über das Fleisch hier, die erste Folge der zweiten Staffel über die Muskatnuss hier, und das weitere Programm von macht Hunger nach den Tischmanieren finden Sie hier:

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Zahlen & Fakten

Ein Hund steht im Eingang eines veganen Restaurants und blickt auf die Besitzerin des Lokals, die ihn anlächelt.
Bogota, Kolumbien, August 2022. © Getty Images

macht Hunger – Ihr Progamm bis Mitte Februar

23. Januar >> Kartoffel! Oder Erdapfel, Krumbiere ... Die Kartoffel steht hinter großen Migrationsgeschichten, gesellschaftlichen Umbrüchen und einer Neuorientierung der Landwirtschaft. Die Macht der Knolle ist groß, ihre Herkunft nicht restlos geklärt. Aber: Hauptsache Pommes!

6. Februar >> Alkohol bei Tisch. Bier, Wein, Sherry oder Schnaps: Welcher und vor allem wieviel Alkohol beim Essen wann erlaubt ist, ist starken Konjunkturen unterworfen. So hat der Portwein seinen Platz im Menü inzwischen wohl verloren. Aber das muss nicht für immer sein.

20. Februar >> Das Salz in der Suppe. Salz ist auch so eine ambivalente Angelegenheit. Es hat schon Fehden und Kriege ausgelöst, den einen Reichtum, den anderen Armut beschert, zuviel ist angeblich ungesund und manche Salzfässchen sind so kostbar, dass sie keinesfalls gestohlen werden sollten. Ist aber ein Essen ohne Salz überhaupt ein Gericht?

Über Peter Peter

Portraitfoto von Peter Peter.
Beim Essen gibt es keine Zufälle: Gastrosoph Peter Peter zeigt im Podcast macht Hunger wieviel politisches Kalkül im Essen steckt. © Gregor Kuntscher

Der Kulturwissenschaftler Peter Peter ist in der bayerischen Hauptstadt München aufgewachsen, hat in Klassischer Philologie promoviert und ist Autor zahlreicher Bücher über das Reisen und die Kochkulturen dieser Welt (unter anderem verfasste er auch eine Kulturgeschichte des Schnitzels bzw. der österreichischem Küche). Er lehrte an der von Slow Food gegründeten Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo und Colorno. Seit 2009 lehrt er für den Masterstudiengang des Zentrums für Gastrosophie der Universität Salzburg das Modul „Weltküchen und Kochsysteme“ und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik.

macht Hunger Staffel I

machtHunger Staffel II