Die Zukunft des Menschen
Was ist Leben? Renée Schröder hat eine nüchterne Antwort: Energie und Information. Ein Podcast über das Wunder RNA, den Tod, und die Evolution des Menschen.

Eigentlich weiß Renée Schroeder alles, um sich ihren Wunsch, „dreihundert oder fünfhundert Jahre alt“ zu werden, zu erfüllen. Zumindest in der Theorie. Statt Zellen zu erforschen, widmet sich die Biochemikerin und Genetikerin seit einigen Jahren aber den Geheimnissen der Heilkräuter. In diesem Podcast teilt sie mit uns ihr Wissen über den für sie wichtigsten Baustein des Lebens: die RNA.
Der Podcast
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Was Leben ist, kann man nur verstehen, wenn man weiß, wie Leben entsteht.
Das Leben beginnt für Renée Schröder mit dem Sonnenlicht, das auf die Erde trifft, auf Kohlenstoff-Verbindungen, denen es irgendwie gelingt, die Energie aufzunehmen und daraus immer neue Verbindungen zu bilden. „Es entstehen immer komplexere Strukturen. Da diese nicht immer neu entworfen werden können, müssen sie replizierbar werden, man braucht Information – und hier kommt die RNA ins Spiel: Sie ermöglicht den Prozess der Replikation, aber auch der Weiterentwicklung: Leben.“
RNA: Lebendige Information
Zellentwicklung und -differenzierung sind zwei wichtige Forschungsgebiete von Renée Schröder: „DNA ist passive Information, wenn man sie gebrauchen will, muss sie in RNA umgeschrieben werden. Erst wenn ein DNA-Abschnitt in RNA transkribiert ist, ist das Gen eingeschaltet. Dass sich Zellen unterscheiden – also einmal eine Haut- dann eine Leberzelle sind –, obwohl sie alle dieselbe DNA haben, liegt daran, dass jeweils andere Gene ein- bzw. ausgeschaltet sind.“
Und RNA ist auch im Spiel, wenn es um die Zellalterung geht: Ebenso wie die Entstehung von Leben gewissermaßen programmiert ist, ist auch der Tod irgendwann vorgesehen, zumindest auf der Ebene von Zellen. Die Apoptose, der (vor-) programmierte Zelltod, stellt sicher, dass Organismus selbst weniger schnell altert, die Zellen verjüngen sich, während die alten Zellen absterben. Bei alten Zellen funktioniert das allerdings nicht immer. „Da gibt es die Expression eines bestimmten Gens, das ist FOXO4. Das hält den Genwächter fest, sodass die Zelle sich nicht mehr teilen kann, keine DNA repariert, und die Zelle auch nicht in den Tod geschickt werden kann. Diese alten Zellen häufen sich an, klumpen und senden entzündliche Signale aus, die das umliegende Gewebe schädigen.“ Schroeder ist überzeugt, dass die Gentechnologie und die Medizin dafür Lösungen finden: „Es wird Medikamente geben, die die alten Zellen gezielt in den Zelltod schicken, und Stammzellen können neue nachwachsen lassen.“
Nicht nur die Zelldifferenzierung und -alterung, sondern auch die Evolution des Menschen ist für Schroeder Teil des Wunders der RNA. „Europäer haben zwei bis fünf Prozent Gene des Neandertalers. Wenn wir über De-Extinction sprechen, dann reden wir meistens von Tieren, dem Wollmammut zum Beispiel. Aber was ist, wenn wir den Neandertaler wieder auferstehen lassen? Vielleicht täte es dem Homo sapiens, der der einzige seiner Art ist, gut, wenn er wieder mit Neandertalern oder Denisova-Menschen leben muss.“
Über Renée Schroeder
Renée Schroeder ist Biochemikerin und wurde für ihre Forschung und ihr Engagement für die Wissenschaft mehrfach ausgezeichnet. Ihr Forschungsschwerpunkt ist Ribonukleinsäure, RNA, und deren vielfältige Rollen in der Entwicklung und Differenzierung von Zellen. Schroeder forschte und lehrte am Institut für Mikrobiologie und Genetik der Universität Wien, von 2005 bis 2018 leitete sie das Department für Biochemie und Zellbiologie an den Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien. Schroeder ist die Autorin mehrerer populärwissenschaftlicher Bücher, darunter (mit Ursel Nendzig) Die Erfindung des Menschen. Wie wir die Evolution überlisten (2016) und Der Traum von der Unsterblichkeit (2022). Sie ist Ehrensenatorin der Universität Wien.
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