Alkohol – Geschichte einer rosaroten Brille

Im Mittelalter trank man, um gesund zu bleiben, später trank man, um zu vergessen, heute ist Abstinenz en vogue. Ein Podcast über Alkohol und seine Geschichte.

Ölgemälde einer jungen Frau an einem Tisch, die jemandem außerhalb des Bildes mit einem Glas Champagner zuprostet und dabei melancholisch blickt. Das Bild ist Teil eines Beitrags über Alkohol.
„Madame Gautreau Drinking a Toast“ von John Singer Sargent (1883). © Getty Images

Der Alkohol war vermutlich ein Zufallsfund. Irgendwann müssen Früchte vergärt sein, der steinzeitliche Mensch tat sich daran gütlich und entdeckte den Rausch. In Wahrheit weiß man nicht so genau, wie der Alkohol in die Welt kam. In diesem Podcast versucht Gastrosoph Peter Peter dennoch einen Überblick.

Der Podcast über Alkohol

Das Verbot von Alkohol führte in den USA zur Einkommenssteuer.

Alkohol wurde nach seiner Entdeckung relativ bald dem Reich des Göttlichen (Dionysos, Bacchus) zugeordnet und symbolisierte die Überschreitung, den Genuss und Exzess. Die vermeintliche Sinneserweiterung spielte und spielt in vielen Religionen und ihren jeweiligen Riten noch heute eine bedeutsame Rolle.

Im Katholischen etwa steht der Wein für das Blut Christi, im protestantisch-calvinistischen Kontext allerdings wurde dem Alkohol schnell misstraut: Wer trinkt, arbeitet womöglich nicht, oder jedenfalls nicht genug, so der Verdacht.

Alkohol und Alkoholverbote

In den USA ist das Verhältnis zum Alkohol und zum Trinken ein besonders angespanntes, was vielfach auf die zwischen 1920 und 1933 geltende Prohibition zurückgeführt wird. Unterstützt von Unternehmerfiguren wie Henry Ford, der am (gefährlichen) Fließband keine betrunkenen Arbeiter und Arbeiterinnen sehen wollte, und der katholischen Abstinenz-Bewegung, drängte die Prohibition den Konsum von Bier, Wein und Schnaps in die Illegalität. „Die Mafia lernte damals, wie man die Strukturen aufbaut, die man auch für den Drogenhandel braucht“, sagt Peter Peter.

Das Verbot von Alkohol brachte aber dennoch eine soziale Innovation hervor: Die Einkommenssteuer. Hatte der Staat in den USA relativ gut an den Steuern auf Alkohol und Tabak verdient (in Wien übrigens wurde Champagner um die Jahrhundertwende nicht besteuert, wohl aber Wein und Bier), musste nach dem Alkohol-Verbot ein Ersatz gefunden werden. So kam es auch in den USA zur Einkommenssteuer.

Alkohol und Klassenfragen

In Europa wandten sich Bürgertum und Adel um die Jahrhundertwende vom Alkohol ab und Getränken wie Kaffee und Tee zu. Die Erfindung des Branntweins und die industrielle Herstellung von Bier machten den Fusel und das billige Bier zu Getränken für die unteren Schichten, sodass der Konsum von Alkohol zunehmend zu einer Klassenfrage wurde.

Eine Gruppe von acht Personen steht mit dem Rücken zur Kamera an einem großen Fenster und prostet der frisch gekrönten Elizabeth II zu.
London 1954: Trinken anlässlich der Krönung von Queen Elizabeth. © Getty Images

Und bald traten auch die gesundheitlichen Folgen deutlich zutage. Nicht nur Henry Ford, auch die sozialistischen und kommunistischen Parteien und die Arbeitervereine warnten: „Arbeiter, meide den Schnaps“.

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Diese Episode über denn Alkohol ist die vierte Episode der zweiten Staffel unseres Podcast macht Hunger mit dem Gastrosophen Peter Peter. In unserer Podcastreihe macht Hunger geht es um die Kulturgeschichte des Essens und alle wirtschaftlichen Verstrickungen und politischen Machtspiele, die mit dem Essen und mit kulinarischen Traditionen verbunden sind.

Podcast machthunger – alle Folgen

Die erste Staffel mit der ersten Folge über die Macht der Nationalgerichte können Sie hier nachhören, die zweite Folge über französischen Küchendrill hier, die dritte Folge über die klassenlose italienische Küche hier, die Folge Nummer vier mit den unwissenden Wienern und dem Wiener Schnitzel hier, Folge Nummer fünf über die Welterweiterung durch die Imbissbude hier, die Folge über die Ambivalenz des Zuckers hier, jene über die Küche des Warschauer Pakts hier, die Episode über das Fleisch hier, die erste Folge der zweiten Staffel über die Muskatnuss hier, die Folge mit dem Besteck (Tischmanieren) finden sie hier, die Episode über die Macht der Kartoffel können Sie hier hören und das weitere Programm von macht Hunger nach dem Alkohol finden Sie hier:

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Zahlen & Fakten

Sechs Frauen sitzen lachend an einem mit einem weißen Tuch, Chips und Schaschlik-Spießen gedeckten Picknicktisch in dem offenen Heck eines Autos und schauen jemandem außerhalb des Bildes zu wie dieser eine Champagnerflasche öffnet. Von dieser Person sieht man nur die Hände. Das Bild ist Teil eies Beitrags über Alkohol. Das Foto wurde während der Pferderennen in Ascot aufgenommen.
Ascot 1993. © Getty Images

macht Hunger – Ihr Progamm bis Anfang März

20. Februar >> Das Salz in der Suppe. Salz ist auch so eine ambivalente Angelegenheit. Es hat schon Fehden und Kriege ausgelöst, den einen Reichtum, den anderen Armut beschert, zuviel ist angeblich ungesund und manche Salzfässchen sind so kostbar, dass sie keinesfalls gestohlen werden sollten. Ist aber ein Essen ohne Salz überhaupt ein Gericht?

5. März >> Igitt! Der Ekel gehört zum Essen wie das Salz in die Suppe. Aber wieviel Ekel ist bei Tisch erlaubt, und warum graust es uns vor dem einen Gericht, vor anderen aber nicht? Der machtHunger über den Ekel ist wohl einer der schwierigsten, denn Ekel kann man nicht steuern, wir hoffen doch, Sie bleiben auch bei dieser Episode dran.

Über Peter Peter

Portraitfoto von Peter Peter.
Beim Essen gibt es keine Zufälle: Gastrosoph Peter Peter zeigt im Podcast macht Hunger wieviel politisches Kalkül im Essen steckt. © Gregor Kuntscher

Der Kulturwissenschaftler Peter Peter ist in der bayerischen Hauptstadt München aufgewachsen, hat in Klassischer Philologie promoviert und ist Autor zahlreicher Bücher über das Reisen und die Kochkulturen dieser Welt (unter anderem verfasste er auch eine Kulturgeschichte des Schnitzels bzw. der österreichischem Küche). Er lehrte an der von Slow Food gegründeten Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo und Colorno. Seit 2009 lehrt er für den Masterstudiengang des Zentrums für Gastrosophie der Universität Salzburg das Modul „Weltküchen und Kochsysteme“ und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik.

macht Hunger Staffel I

machtHunger Staffel II

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