Alkohol – Geschichte einer rosaroten Brille
Im Mittelalter trank man, um gesund zu bleiben, später trank man, um zu vergessen, heute ist Abstinenz en vogue. Ein Podcast über Alkohol und seine Geschichte.
Der Alkohol war vermutlich ein Zufallsfund. Irgendwann müssen Früchte vergärt sein, der steinzeitliche Mensch tat sich daran gütlich und entdeckte den Rausch. In Wahrheit weiß man nicht so genau, wie der Alkohol in die Welt kam. In diesem Podcast versucht Gastrosoph Peter Peter dennoch einen Überblick.
Der Podcast über Alkohol
Das Verbot von Alkohol führte in den USA zur Einkommenssteuer.
Alkohol wurde nach seiner Entdeckung relativ bald dem Reich des Göttlichen (Dionysos, Bacchus) zugeordnet und symbolisierte die Überschreitung, den Genuss und Exzess. Die vermeintliche Sinneserweiterung spielte und spielt in vielen Religionen und ihren jeweiligen Riten noch heute eine bedeutsame Rolle.
Im Katholischen etwa steht der Wein für das Blut Christi, im protestantisch-calvinistischen Kontext allerdings wurde dem Alkohol schnell misstraut: Wer trinkt, arbeitet womöglich nicht, oder jedenfalls nicht genug, so der Verdacht.
Alkohol und Alkoholverbote
In den USA ist das Verhältnis zum Alkohol und zum Trinken ein besonders angespanntes, was vielfach auf die zwischen 1920 und 1933 geltende Prohibition zurückgeführt wird. Unterstützt von Unternehmerfiguren wie Henry Ford, der am (gefährlichen) Fließband keine betrunkenen Arbeiter und Arbeiterinnen sehen wollte, und der katholischen Abstinenz-Bewegung, drängte die Prohibition den Konsum von Bier, Wein und Schnaps in die Illegalität. „Die Mafia lernte damals, wie man die Strukturen aufbaut, die man auch für den Drogenhandel braucht“, sagt Peter Peter.
Das Verbot von Alkohol brachte aber dennoch eine soziale Innovation hervor: Die Einkommenssteuer. Hatte der Staat in den USA relativ gut an den Steuern auf Alkohol und Tabak verdient (in Wien übrigens wurde Champagner um die Jahrhundertwende nicht besteuert, wohl aber Wein und Bier), musste nach dem Alkohol-Verbot ein Ersatz gefunden werden. So kam es auch in den USA zur Einkommenssteuer.
Alkohol und Klassenfragen
In Europa wandten sich Bürgertum und Adel um die Jahrhundertwende vom Alkohol ab und Getränken wie Kaffee und Tee zu. Die Erfindung des Branntweins und die industrielle Herstellung von Bier machten den Fusel und das billige Bier zu Getränken für die unteren Schichten, sodass der Konsum von Alkohol zunehmend zu einer Klassenfrage wurde.
Und bald traten auch die gesundheitlichen Folgen deutlich zutage. Nicht nur Henry Ford, auch die sozialistischen und kommunistischen Parteien und die Arbeitervereine warnten: „Arbeiter, meide den Schnaps“.
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Diese Episode über denn Alkohol ist die vierte Episode der zweiten Staffel unseres Podcast macht Hunger mit dem Gastrosophen Peter Peter. In unserer Podcastreihe macht Hunger geht es um die Kulturgeschichte des Essens und alle wirtschaftlichen Verstrickungen und politischen Machtspiele, die mit dem Essen und mit kulinarischen Traditionen verbunden sind.
Podcast machthunger – alle Folgen
Die erste Staffel mit der ersten Folge über die Macht der Nationalgerichte können Sie hier nachhören, die zweite Folge über französischen Küchendrill hier, die dritte Folge über die klassenlose italienische Küche hier, die Folge Nummer vier mit den unwissenden Wienern und dem Wiener Schnitzel hier, Folge Nummer fünf über die Welterweiterung durch die Imbissbude hier, die Folge über die Ambivalenz des Zuckers hier, jene über die Küche des Warschauer Pakts hier, die Episode über das Fleisch hier, die erste Folge der zweiten Staffel über die Muskatnuss hier, die Folge mit dem Besteck (Tischmanieren) finden sie hier, die Episode über die Macht der Kartoffel können Sie hier hören und das weitere Programm von macht Hunger nach dem Alkohol finden Sie hier:
Zahlen & Fakten
macht Hunger – Ihr Progamm bis Anfang März
20. Februar >> Das Salz in der Suppe. Salz ist auch so eine ambivalente Angelegenheit. Es hat schon Fehden und Kriege ausgelöst, den einen Reichtum, den anderen Armut beschert, zuviel ist angeblich ungesund und manche Salzfässchen sind so kostbar, dass sie keinesfalls gestohlen werden sollten. Ist aber ein Essen ohne Salz überhaupt ein Gericht?
5. März >> Igitt! Der Ekel gehört zum Essen wie das Salz in die Suppe. Aber wieviel Ekel ist bei Tisch erlaubt, und warum graust es uns vor dem einen Gericht, vor anderen aber nicht? Der machtHunger über den Ekel ist wohl einer der schwierigsten, denn Ekel kann man nicht steuern, wir hoffen doch, Sie bleiben auch bei dieser Episode dran.
Über Peter Peter
Der Kulturwissenschaftler Peter Peter ist in der bayerischen Hauptstadt München aufgewachsen, hat in Klassischer Philologie promoviert und ist Autor zahlreicher Bücher über das Reisen und die Kochkulturen dieser Welt (unter anderem verfasste er auch eine Kulturgeschichte des Schnitzels bzw. der österreichischem Küche). Er lehrte an der von Slow Food gegründeten Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo und Colorno. Seit 2009 lehrt er für den Masterstudiengang des Zentrums für Gastrosophie der Universität Salzburg das Modul „Weltküchen und Kochsysteme“ und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik.
macht Hunger Staffel I
Genüsse jenseits des Fleisches
Die Küche des Warschauer Pakts
Bei aller Süße …
Die fabelhafte Welt der Imbissbuden
Das Schnitzel als Fremdzuschreibung
Als die Pizza Chicago nach Würzburg holte
Frankreich: Kochen mit Disziplin
Die sanfte Macht der Nationalgerichte
machtHunger Staffel II
Wie die Muskatnuss das Paradies beendete
Der lange Weg zum Besteck
Deus ex humus – Die Kartoffel
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