Es trieft! Die Geschichte vom Fett
Nahrungs-, Genuss-, Schönheits-, Schmiermittel, Lichtquelle und Antrieb: Wo der Mensch, da das Fett. Gastrosoph Peter Peter über eine jahrtausendealte Beziehung.
Wer glaubt, beim Fett ginge es nur um’s Essen täuscht sich. Der Mensch ist so eng mit Öl, Schmalz, Tran und Speck verbunden, dass eigentlich seine ganze Entwicklung davon abhängt.
Der Podcast über das Fett
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Eine hungrige Gesellschaft, die sehnt sich nach Fetten.
Am Anfang standen die tierischen Fette, aufgefangen, wenn Tiere über Feuer gebraten wurden. Das Fett war gut haltbar. Mit der Landwirtschaft kamen vor acht bis 10.000 Jahren die pflanzlichen Öle hinzu. Die ersten Olivenbäume datieren um 2.000 bis 1.000 vor Christus. Verbunden damit waren mannigfache Innovationen, unter anderem die Mühlen, um die Oliven verarbeiten zu können, aber auch neue Methoden der Konservierung abseits von Salzlaken. Öl wird ein kostbares Handelsgut, da es auch zur Körperpflege verwendet werden kann, ganz direkt oder als Seife wie die berühmte Seife aus Aleppo.
„Olivenöl war eine der frühesten Lichtquellen“, erklärt Peter Peter. Ganze Olivenhaine wurden angepflanzt, damit das Fett zur Beleuchtung von Kirchen und Moscheen genutzt werden konnte. „Venedig exportierte Lampenöl bis nach Norwegen und Russland.“ Bevor das Erdöl dies ersetzte wurde auch das Fett der Wale als Lampenöl und als Schmiermittel und zur Abdichtung eingesetzt. Lederstiefel wurden durch Öl wasserdicht.
Fett als Kostbarkeit
Schweineschmalz war ebenso wie Olivenöl einmal ein besonders kostbares Gut. Gastrosoph Peter Peter erinnert in dem Zusammenhang daran, dass Speck zur Verfeinerung von Speisen eingesetzt wurde. Erst ab den 1960er Jahren galt Schweinespeck in Europa dann als Dickmacher, zu Unrecht wie unter anderem Tim Spector erklärt.
Im 18. Jahrhundert war der weiße, reine Speck – nicht das Fleisch – der teuerste Teil des Schinkens, so Peter Peter. Der Lardo di Colonnata ist heute noch ein besonders hoch geschätzter reiner Speck. „Ein Schwein zu züchten war etwas Kostbares, etwas Aufwändiges, und die Leute waren halt süchtig nach viel Fett. Also, je fetter das Essen, desto besser. Wir können uns das heute alles schwer vorstellen, aber eine hungrige Gesellschaft, die sehnt sich nach Fett.“
Fett als Problem
Während geringe Mengen Palmöl in der indonesischen und in manchen afrikanischen Küchen eine Rolle spielten, ist das Öl heute ein ökologisches und soziales Problem geworden. Es ist nicht nur in Lebensmitteln, sondern auch in Reinigungsmitteln und in sogenanntem Bio-Sprit. „Es kommt zur Vernichtung von primärem Urwald, von einzigartigen Lebensräumen und auch zur Vertreibung von indigenen Bevölkerunge. Ein weiteres Problem sind Monokulturen, die anfälliger sind für Krankheiten und somit immer größere Mengen von Pestiziden brauchen, um noch Erträge zu bringen. Man kann sich nur wünschen, dass Verbraucher noch mehr darauf achten und verbindliche Kontrollen verlangen.“
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Diese Episode ist die achte und letzte Episode der zweiten Staffel unseres Podcast macht Hunger mit dem Gastrosophen Peter Peter. In unserer Podcastreihe machtHunger geht es um die Kulturgeschichte des Essens und alle wirtschaftlichen Verstrickungen und politischen Machtspiele, die mit dem Essen und mit kulinarischen Traditionen verbunden sind.
Über Peter Peter
Der Kulturwissenschaftler Peter Peter ist in der bayerischen Hauptstadt München aufgewachsen, hat in Klassischer Philologie promoviert und ist Autor zahlreicher Bücher über das Reisen und die Kochkulturen dieser Welt (unter anderem verfasste er auch eine Kulturgeschichte des Schnitzels bzw. der österreichischem Küche). Er lehrte an der von Slow Food gegründeten Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo und Colorno. Seit 2009 lehrt er für den Masterstudiengang des Zentrums für Gastrosophie der Universität Salzburg das Modul „Weltküchen und Kochsysteme“ und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik.
macht Hunger Staffel I
Genüsse jenseits des Fleisches
Die Küche des Warschauer Pakts
Bei aller Süße …
Die fabelhafte Welt der Imbissbuden
Das Schnitzel als Fremdzuschreibung
Als die Pizza Chicago nach Würzburg holte
Frankreich: Kochen mit Disziplin
Die sanfte Macht der Nationalgerichte
machtHunger Staffel II
Ekel: Das Grauen bei Tisch
Salz, Ursprung von fast Allem
Alkohol – Geschichte einer rosaroten Brille
Deus ex humus – Die Kartoffel
Der lange Weg zum Besteck
Wie die Muskatnuss das Paradies beendete
Wie der Tee drei Mal nach Europa kam
Die Briten mögen Tee mögen, erfunden haben sie weder Wort, noch Getränk, noch Rituale. Gastrosoph Peter Peter klärt auf.