Es trieft! Die Geschichte vom Fett

Nahrungs-, Genuss-, Schönheits-, Schmiermittel, Lichtquelle und Antrieb: Wo der Mensch, da das Fett. Gastrosoph Peter Peter über eine jahrtausendealte Beziehung.

Eine dicke Scheibe Speck wird in die Kamera gehalten. Im Hintergrund ist eine Wand aus weißem und grauem Marmor zu erkennen. Es handelt sich um Lardo di Colonnata, eine Spezialität aus Norditalien. Das Bild illustriert einen Beitrag über Fett.
Lardo di Colonnato frisch aus dem Marmorbecken in Cararra, Italien. Lardo di Colonnato ist ein weißer Speck vom Schweinerücken, der mit Zitronenschalen, Lorbeer, Knoblauch und weiteren Gewürzen mehrere Monate in einer Salzlacke in Marmorbecken und beschwert von Marmor reift. Der Lardo gilt als traditionelles Essen der Arbeiter im Marmorbruch. Für die Tröge wird ein spezieller Carrara-Marmor verwendet. © Getty Images

Wer glaubt, beim Fett ginge es nur um’s Essen täuscht sich. Der Mensch ist so eng mit Öl, Schmalz, Tran und Speck verbunden, dass eigentlich seine ganze Entwicklung davon abhängt.

Der Podcast über das Fett

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Eine hungrige Gesellschaft, die sehnt sich nach Fetten.


Am Anfang standen die tierischen Fette, aufgefangen, wenn Tiere über Feuer gebraten wurden. Das Fett war gut haltbar. Mit der Landwirtschaft kamen vor acht bis 10.000 Jahren die pflanzlichen Öle hinzu. Die ersten Olivenbäume datieren um 2.000 bis 1.000 vor Christus. Verbunden damit waren mannigfache Innovationen, unter anderem die Mühlen, um die Oliven verarbeiten zu können, aber auch neue Methoden der Konservierung abseits von Salzlaken. Öl wird ein kostbares Handelsgut, da es auch zur Körperpflege verwendet werden kann, ganz direkt oder als Seife wie die berühmte Seife aus Aleppo.

Olivenernte bei Yerakini, Halkidiki, Griechenland, im Oktober 2023. Eine behandschuhte Hand wirft einige Oliven auf den Boden. Das Fett der Oliven war nicht nur für die Zubereitung und Haltbarmachung von Speisen wichtig, sondern auch als Leuchtmittel und als Körperpflegeprodukt.
Olivenernte bei Yerakini, Halkidiki, Griechenland. © Getty Images

„Olivenöl war eine der frühesten Lichtquellen“, erklärt Peter Peter. Ganze Olivenhaine wurden angepflanzt, damit das Fett zur Beleuchtung von Kirchen und Moscheen genutzt werden konnte. „Venedig exportierte Lampenöl bis nach Norwegen und Russland.“ Bevor das Erdöl dies ersetzte wurde auch das Fett der Wale als Lampenöl und als Schmiermittel und zur Abdichtung eingesetzt. Lederstiefel wurden durch Öl wasserdicht.

Fett als Kostbarkeit

Schweineschmalz war ebenso wie Olivenöl einmal ein besonders kostbares Gut. Gastrosoph Peter Peter erinnert in dem Zusammenhang daran, dass Speck zur Verfeinerung von Speisen eingesetzt wurde. Erst ab den 1960er Jahren galt Schweinespeck in Europa dann als Dickmacher, zu Unrecht wie unter anderem Tim Spector erklärt.

Im 18. Jahrhundert war der weiße, reine Speck – nicht das Fleisch – der teuerste Teil des Schinkens, so Peter Peter. Der Lardo di Colonnata ist heute noch ein besonders hoch geschätzter reiner Speck. „Ein Schwein zu züchten war etwas Kostbares, etwas Aufwändiges, und die Leute waren halt süchtig nach viel Fett. Also, je fetter das Essen, desto besser. Wir können uns das heute alles schwer vorstellen, aber eine hungrige Gesellschaft, die sehnt sich nach Fett.“

Fett als Problem

Während geringe Mengen Palmöl in der indonesischen und in manchen afrikanischen Küchen eine Rolle spielten, ist das Öl heute ein ökologisches und soziales Problem geworden. Es ist nicht nur in Lebensmitteln, sondern auch in Reinigungsmitteln und in sogenanntem Bio-Sprit. „Es kommt zur Vernichtung von primärem Urwald, von einzigartigen Lebensräumen und auch zur Vertreibung von indigenen Bevölkerunge. Ein weiteres Problem sind Monokulturen, die anfälliger sind für Krankheiten und somit immer größere Mengen von Pestiziden brauchen, um noch Erträge zu bringen. Man kann sich nur wünschen, dass Verbraucher noch mehr darauf achten und verbindliche Kontrollen verlangen.“

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Diese Episode ist die achte und letzte Episode der zweiten Staffel unseres Podcast macht Hunger mit dem Gastrosophen Peter Peter. In unserer Podcastreihe machtHunger geht es um die Kulturgeschichte des Essens und alle wirtschaftlichen Verstrickungen und politischen Machtspiele, die mit dem Essen und mit kulinarischen Traditionen verbunden sind.

Über Peter Peter

Portraitfoto von Peter Peter.
Beim Essen gibt es keine Zufälle: Gastrosoph Peter Peter zeigt im Podcast macht Hunger wieviel politisches Kalkül im Essen steckt. © Gregor Kuntscher

Der Kulturwissenschaftler Peter Peter ist in der bayerischen Hauptstadt München aufgewachsen, hat in Klassischer Philologie promoviert und ist Autor zahlreicher Bücher über das Reisen und die Kochkulturen dieser Welt (unter anderem verfasste er auch eine Kulturgeschichte des Schnitzels bzw. der österreichischem Küche). Er lehrte an der von Slow Food gegründeten Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo und Colorno. Seit 2009 lehrt er für den Masterstudiengang des Zentrums für Gastrosophie der Universität Salzburg das Modul „Weltküchen und Kochsysteme“ und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik.

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