Warum dieses Weihnachtsessen?

Es beginnt harmlos mit Keksen im Advent und endet im mehrtägigen Festschmaus. Gastrosoph Peter Peter leitet die Zwangsläufigkeit geschichtlich her.

Schwarzweiß Fotografie von zwei Kindern an einer gedeckten Tafel, die skeptisch schauen. Das Foto ist Teil eines Beitrags über einen Podcast mit dem Gastrosophen Peter Peter über traditionelles Weihnachtsessen.
Ein Weihnachtsessen im Kaufhaus Selfridges in London am 26. Dezember 1953 für die zwanzig Kinder der Familie Hudson. © Getty Images

Erklärungsbedarf für das Weihnachtsessen besteht, denn eigentlich ist nämlich der gesamte Dezember, bis zum 24., ein Fastenmonat für Christen. Zumindest bis nach der Mitternachtsmesse und strikt nach katholischem Verständnis. Das katholische Verständnis von Fasten lässt allerdings Spielraum und den hat der Protestantismus weidlich ausgenutzt. Was letztlich zu dem jährlich wiederkehrenden Ereignis führte, das wir heute als Weihnachtsessen (in unzähligen Varianten) kennen. Gastrosoph Peter Peter hat die Details dazu.

Der Podcast über das Festessen zu Weihnachten

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Das große Fressen in der Weihnachtszeit ist traditionell so vorgesehen.

Peter Peter, Gastrosoph
Foto eines Weihnachtsessens in einer Familie, wobei eine Frau eine Gans auf einer Platte zum Tisch trägt und ein Mädchen einen Korb voller Brötchen. Ein Mann und ein Junge in dunklen Anzügen schauen zu. Das Bild ist Teil eines Podcasts, in dem die Geschichte des Weihnachtsessens von Gastrosoph Peter Peter erklärt wird.
Auch hier Erklärungsbedarf: Kann es sein, dass diese Szene gestellt ist? © Getty Images

Weihnachtsessen – eine Auswahl

  • Hühnersalat mit Mayonnaise, Dosen-Spargel, Dosen-Mandarinen u.ä., Ursprung unbekannt, wobei Ähnlichkeit zum Coronation Chicken gegeben ist. Gereicht am Heiligabend.
  • Kartoffelsalat mit Würstchen, in Nord- und Ostdeutschland und Polen vorkommend, ebenfalls ein Gericht für den Heiligabend.
  • Dresdner Stollen zum Kaffee; nur echt aus Dresden. Es gibt ein eigenes Siegel. Auch wenn selbstgemacht muss er in Butter getränkt sein. Er reift unter Druck in Dunkelheit und Kälte. Ermöglicht durch den Butterbrief des Papstes 1491 ist der Dresdner Stollen trotz der vielen Butter eine Fastenspeise.
  • Karpfen. Ebenfalls eine Fastenspeise und daher für Katholiken schon vor der mitternächtlichen Messe essbar. Fisch ist kein Fleisch. Allerdings war auch Karpfen früher selten und daher gab es Karpfen auch nur zu festlichen Anlässen. In Wien wird der Karpfen frittiert, um den möglichen grundelnden Geschmack zu überdecken. Überhaupt frittiert die Wiener Küche gern.
  • Gans, da sie im Winter fett ist und auch eine Großfamilie satt werden kann. Oder besser: im Winter schließlich gemästet war, und eine Großfamilie von etwas satt werden musste, das leistbar war. Die Gans, so Peter Peter, wurde traditionell aber tatsächlich nicht schon an Heiligabend gegessen, sondern erst am 1. Weihnachtstag.
  • Fondue, das Weihnachtsessen, das in den 1970er Jahren mitsamt Geschirr und farblich unterscheidbaren Gäbelchen in viele Haushalte einzog. Peter Peter vermutet einen Ursprung in den schicken Skiressorts. Das Fondue, eine Folge des erschwinglichen Ski-Tourismus? In Zeiten von Clean Eating ist das Fondue in den Hintergrund getreten, ebenso wie das Käsefondue oder das Raclette. Allerdings: Es gibt auch Fondue chinoise, bei dem in Brühe gedünstet wird.

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Diese Episode ist die zweite Episode der dritten Staffel unseres Podcasts macht Hunger mit dem Gastrosophen Peter Peter. In unserer Podcastreihe machtHunger geht es um die Kulturgeschichte des Essens und alle wirtschaftlichen Verstrickungen und politischen Machtspiele, die mit dem Essen und mit kulinarischen Traditionen verbunden sind.

Möchten Sie noch etwas anderes hören? Sie finden alle unseren bisherigen Podcasts hier.

Über Peter Peter

Portraitfoto von Peter Peter.
Beim Essen gibt es keine Zufälle: Gastrosoph Peter Peter zeigt im Podcast macht Hunger wieviel politisches Kalkül im Essen steckt. © Gregor Kuntscher

Der Kulturwissenschaftler Peter Peter ist in der bayerischen Hauptstadt München aufgewachsen, hat in Klassischer Philologie promoviert und ist Autor zahlreicher Bücher über das Reisen und die Kochkulturen dieser Welt (unter anderem verfasste er auch eine Kulturgeschichte des Schnitzels bzw. der österreichischem Küche). Er lehrte an der von Slow Food gegründeten Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo und Colorno. Seit 2009 lehrt er für den Masterstudiengang des Zentrums für Gastrosophie der Universität Salzburg das Modul „Weltküchen und Kochsysteme“ und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Kulinaristik. Sein jüngstes Buch ist den Zitrusfrüchten und Italien gewidmet. Es heißt Blutorangen und ist im Verlag Klaus Wagenbach erschienen.

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